WM in Katar: Der große Zoff um die One-Love-Binde

Es ist lediglich ein Stück Stoff - und geht doch um so viel mehr. Um ein Symbol dieser gesamten, so umstrittenen und (zurecht) moralisch aufgeladenen WM in Katar, um Meinungsfreiheit und die Autorität des Weltverbandes Fifa. Und daraus hat sich ein Machtkampf entwickelt zwischen einigen europäischen Mitgliedsverbänden und dem Ausrichter.
FIFA plant eigene Botschaften – komplett durchchoreographiert
Es geht um die Kapitänsbinden, die im Selbstdesign einer Regenbogenbinde ähnlich sind. Mit dem Tragen der Armbinde wollen sieben Nationen ein Zeichen setzen – gegen Homophobie, Rassismus, für Menschenrechte und Frauenrechte.
Das wiederum passt der Fifa gar nicht in den Kram und deshalb verkündete sie einen Tag vor Turnierbeginn den Start einer eigenen Kampagne mit eigenen Botschaften, durchchoreographiert von der Vorrunde bis zum Endspiel.
Präsident Gianni Infantino sagte, es gebe "klare Vorgaben vonseiten der Fifa. Wir haben verschiedene Kampagnen zu verschiedenen Themen. Wir müssen Themen finden, mit denen sich jeder einverstanden zeigt. Das ist für uns ein wichtiges Element." Der erste Vorrunden-Spieltag wurde unter das Motto "#FootballUnitesTheWorld" gestellt.
DFB hat die Aktion mitinitiiert
Alles rein zufällig? Ob die Drohungen wirken? Nun drohen tatsächlich Strafen, die über das Bezahlen einer Geldsumme hinausgehen. Gelbe Karten für den Träger der Armbinde? Daraus folgende Sperren? Alles nicht ausgeschlossen. Was es damit genau auf sich hat? Der DFB teilte am Sonntag mit, auf eine Anfrage diesbezüglich "noch keine Rückmeldung von der Fifa" erhalten zu haben.
Die Kurzfristigkeit der Fifa-Aktion irritierte nicht nur den deutschen Verband. "Es wirkt, als ob die Fifa keine klare Haltung hat", sagte der DFB-Geschäftsführer, dessen Verband zuvor die "One Love-Binde" mitinitiiert hatte: "Wir haben unsere klare Haltung klar begründet, auch durch unseren Präsidenten. Wir schauen, was kommt und werden uns mit den anderen Nationen abstimmen, weil es wichtig ist, dass es die Stimme mehrerer Nationen ist - nicht nur von einer."
Zu viel Risiko eingehen möchte trotzdem niemand
Bereits am Freitag hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf ("Das ist keine politische Äußerung, sondern ein Statement für die Menschenrechte") betont, eine Geldstrafe für die Aktion in Kauf nehmen zu wollen. Aber auch mehr? Natürlich will man nicht den sportlichen Erfolg der eigenen Mannschaft gefährden und intern zu viel Unruhe vor dem Auftakt am Mittwoch gegen Japan aufkommen lassen.
Kapitän Manuel Neuer bekräftigte: "Die Power, die die Binde hat, ist gut. Sie tragen auch andere europäische Nationen, es ist gut, dass wir das zusammen machen. Ich finde gut, dass wir zusammen ein Statement setzen können. Wir werden versuchen, das durchzusetzen und zu vertreten."
Doch was kann Neuer und den anderen Spielführern von England, Dänemark, den Niederlanden, Belgien, der Schweiz und Wales (Frankreich war ausgeschert) drohen, falls der jeweilige Kapitän die "One Love-Binde"-Binde tragen sollte?
Alle Augen sind auf Englands Kapitän
In den Statuten heißt es dazu, dass die Spieler "die offizielle von der Fifa bereitgestellte Kleidung und Ausrüstung tragen, einschließlich der von der Fifa vorgegebenen und bereitgestellten Fifa-Veranstaltungsabzeichen (entweder an der Kleidung befestigt oder in Form von Armbinden)".
Bei einem Verstoß muss der Spieler das Spielfeld verlassen. Bei seiner Rückkehr auf den Platz ohne Erlaubnis des Schiedsrichters "wird er verwarnt" - das kann auch vor Anpfiff sanktioniert werden. Zwei Verwarnungen bedeuten ein Spiel Sperre - bis zum Viertelfinale, erst danach werden Gelbe Karten einmalig gestrichen.
Am Montag schauen die Augen der Welt auf Englands Kapitän Harry Kane. Macht er's? Yes or no?