WM-Camp: So gefährlich ist Südtirol
EPPAN - Erst Träschs WM-Aus, nun stürzt Bayerns Jungstar Müller beim Bergradeln: Bundestrainer Löw hat bei der WM-Vorbereitung mit einer Pechsträhne zu kämpfen. „Damit muss man leben leben.“
Das unbekannte Südafrika, die Kriminalität am Kap, das angeblich halbfertige Mannschaftshotel – die WM, ein Trip ins Ungewisse. Und so entschied sich Bundestrainer Joachim Löw, die Vorbereitung im beschaulichen Südtirol zu absolvieren. Doch konzentrierte Arbeit mit der Nationalmannschaft? NADA! Eine (negative) Überraschung folgt der anderen. So suchte am Mittwoch zu allem Überfluss eine Delegation der Nationalen Antidoping-Agentur NADA das Hotel Weinegg heim, loste 14 der 25 Spieler zum Test aus und brachte den Betrieb durcheinander.
Doch nicht die Dopingfahnder sind das Problem, vielmehr sieht sich Löw nach den Ausfällen von Michael Ballack und Rene Adler mit einer Pechsträhne konfrontiert. „Damit muss man einfach leben“, sagte er nun fatalistisch. Nichtsdestotrotz leben seine Spieler in Südtirol gefährlich:
Thomas Müller: Erst am Dienstag war Bayerns Jungstar – mit den Kollegen Badstuber, Klose und Gomez – in Eppan eingetroffen. Der 20-Jährige (Bayern-Trainer van Gaal: „Die Müller spielt immer“), der die gesamte Spielzeit über gesund war, musste erst nach Südtirol reisen, um sich zu verletzen. Löw hatte ihn und Badstuber zum Mountainbiken geschickt, prompt stürzte der Angreifer. Die Folge: Schürfwunden am Knie und eine Platzwunde am Kinn, die genäht werden musste. Einziger Trost für Löw: „Es sind keine Knochen- oder Muskelverletzungen“, so DFB-Sprecher Harald Stenger. Einer WM-Teilnahme Müllers steht nichts im Wege.
Mario Gomez: Beim Stürmer sieht die Lage anders aus. Der 35-Millionen-Euro-Mann kommt nach seiner verkorksten Bayern-Saison nicht auf Touren. Der 24-Jährige könnte zu den zwei Streichkandidaten zählen, wenn Löw am 1.Juni seinen 23er-Kader nominiert. Körperlich unversehrt muss der Stürmer in Südtirol mit einer psychischen Demütigung aus der Heimat klarkommen. So erklärte Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer in „Sport-Bild“: „Gomez ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Wenn ich den Kader (des FC Bayern, d. Red.) so durchgehe, muss ich sagen: Er ist der Einzige, der sich wohl nicht so weiterentwickelt hat wie der Rest der Mannschaft.“
Christian Träsch: Der Ex-Löwe aus Stuttgart war das erste Südtirol-Opfer. Beim Training in der Sportzone Rungg war er beim Versuch, nach einem Ball zu grätschen in die zu nah am Spielfeld platzierte Begrenzung gerutscht. Er erlitt Bänderverletzungen – das WM-Aus.
Und so tröstete sich Löw am Mittwoch mit der Ankunft der drei restlichen Bayern-Spieler Jörg Butt, Bastian Schweinsteiger und des designierten DFB-Kapitäns Philipp Lahm. Ihnen will er noch etwas Ruhe gönnen. „Wir wissen, jeder Tag ist wichtig, aber wir werden keine Verletzung riskieren“, sagte Löw, „es ist ganz wichtig und vernünftig, dass sie einige Tage im separaten Bereich trainieren.“ Und sicherer ist’s auch. Auf den gestrigen Grillabend – extrem gefährlich! – wollte Löw trotz aller Risiken jedoch nicht verzichten.
Am Donnerstag bekommt seine Truppe nun Besuch von einem, der mit allen Gefahren Südtirols vertraut ist: Extrembergsteiger Reinhold Messner. Wenn der mal bloß nicht auf die Idee kommt, mit den DFB-Jungs an die Kletterwand zu gehen.
J. Schlosser, P. Strasser