WM-Affäre: Neue Nahrung für Katar-Connection

Köln - In der WM-Affäre haben Verschwörungstheorien weiter Hochkonjunktur. Informationen über eine Verschleppung der mutmaßlich manipulierten Steuererklärung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für 2006 schüren vor der kurzfristig angesetzten Präsidiumssitzung am Montag Spekulationen über interne Intrigen.
Während DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Vorbereitung auf das zu erwartende Kreuzverhör auch durch Vertreter der murrenden Basis aufnahm, befeuerten Medienberichte erneut Vermutungen über eine Verwicklung des katarischen Strippenziehers Mohamed Bin Hammam in den ominösen Millionen-Kreislauf.
Immerhin ließ nunmehr auch der frühere WM-Botschafter Günter Netzer als weitere Schlüsselfigur von seinem Anwalt eine Aussage bei den externen DFB-Ermittlern "in Kürze" ankündigen. Der angeblich lange Zeitraum zwischen Testierung und Unterzeichnung der von der Staatsanwaltschaft monierten DFB-Steuererklärung löste bei Finanzexperten des Verbandes Verwunderung aus.
"Das ist eigentlich nicht normal", sagte DFB-Chefrevisor Hans-Ludwig Meyer (Kiel) am Freitag. Nach Einschätzung von Schleswig-Holsteins Landeschef müsste der gesamte Prozess der jährlichen Steuererklärung inklusive Abgabe jeweils "ungefähr im Mai" abgeschlossen sein.
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Warum die infrage stehende Steuererklärung, wie vom "kicker-sportmagazin" berichtet, nach ihrer abschließenden Vorlage bei der DFB-Führung unter dem damaligen Präsidenten Theo Zwanziger im Februar 2007 neun Monate lang nicht abgegeben und erst im Spätherbst vom kurz zuvor gewählten Generalsekretär Niersbach unterzeichnet worden sein soll, kann sich Meyer nicht erklären.
Neben Niersbach rückte auch wieder der vorherige "General" Horst R. Schmidt verstärkt in den Fokus. Laut "Süddeutsche Zeitung" sollen die Fahnder der Staatsanwaltschaft in den beschlagnahmten Akten durch eine Notiz des früheren WM-OK-Vizepräsidenten eine neue Spur zu Bin Hammam gefunden haben.
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Demnach verfügen die Fahnder über einen Vermerk von Schmidt von 2003 mit Verweisen auf den Katarer. In dem Papier über eine Unterredung mit OK-Kollegen soll auch eine Zusatzvereinbarung mit dem Weltverband FIFA über zehn Millionen Schweizer Franken (6,7 Millionen Euro) erwähnt sein.
Als zuständiger Ansprechpartner für den Deal bei der FIFA-Finanzkommission sei Bin Hammam genannt. Schmidt hatte allerdings zuletzt Aussagen von Zwanziger bestritten, in einem gemeinsamen Telefonat Bin Hammam als Empfänger der angeblich vom früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus vorgestreckten Millionenzahlung von 2002 genannt zu haben.
Schmidt beteuerte zudem, trotz seiner Kenntnis über die Vereinbarung keine Informationen über den entsprechenden Geldfluss zu haben. Das reklamiert offenkundig auch Netzer für sich. Der Ex-Nationalspieler soll Angaben seines Anwaltes Lucas Brost zufolge nur ein Vermittler für Dreyfus gewesen sein.
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"Dreyfus kam auf ihn zu mit der Bitte, den Kontakt zu den WM-Machern herzustellen. Er war aber nur ein Mittler, der nicht von dem Anspruch wusste", sagte Brost auch mit Bezug zum angeblichen Schuldschein des damaligen WM-Chefs Franz Beckenbauers bei Dreyfus.
Netzer bestehe darauf, "von der Vorgeschichte oder dem vermeintlichen Darlehen nichts gewusst zu haben", sagte Brost weiter.