WM 2018: Pfiffe gegen Mesut Özil und Ilkay Gündogan - Joachim Löw cool
Watutinki - Der erste komplette Tag vor Ort am Stadtrand der russischen Hauptstadt, die erste Trainingseinheit, die erste Pressekonferenz.
Der DFB und sein Tross akklimatisieren sich in Watutinki. Inklusive der absolvierten Mittwochseinheit bleiben Joachim Löw nur vier Trainingstage, um sich auf die WM-Auftaktpartie am Sonntag im Luschniki-Stadion gegen Mexiko vorzubereiten. "Jetzt geht es an den taktischen Feinschliff, an die Feinheiten, die wir umsetzen müssen", sagte der Bundestrainer am Mittwoch.
"Mexiko wird uns alles abverlangen. Es wird ein schwieriges Spiel, aber wir werden die richtigen Lösungen finden." Löw verbreitet Hoffnung. "Unsere Mannschaft wird sich in dieser Woche sicher noch einmal steigern." Ein frommer Wunsch oder gelernte Zuversicht?
Löw über Pfiffe gegen Özil und Gündogan: "Können wir nicht beeinflussen"
Ein Thema jedoch hat die Nationalelf mit nach Russland genommen. Eines, das belastet und auf die Stimmung drückt, weil es nicht enden wird – zumindest nicht bis zum ersten Spiel. Die Causa Gündogan/Özil. Ihre Fotos mit dem in der westlichen Welt umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aus dem Mai sind zum langfristigen Bumerang geworden. Immer harschere Stimmen kommen aus der Heimat. "Wenn man auf gewisse Werte setzt, so wie das der DFB immer wieder vermittelt, kann die Entscheidung eigentlich nur so ausfallen, dass man die beiden Spieler rauswirft", sagte Ex-Nationalspieler Stefan Effenberg bei "t-online.de".
Scharfe Töne, die den DFB jedoch nicht beeindrucken. Man steht zur Entscheidung, Ilkay Gündogan und Mesut Özil zur Seite zu stehen, nach intensiven Gesprächen freilich. Was ist, wenn es wie in Leverkusen, beim 2:1 gegen Saudi-Arabien, wieder Pfiffe der deutschen Fans gegen Özil und Gündogan gibt? "Dann ist es halt so. Das können wir nicht beeinflussen", sagte Löw und verriet: "Es war danach in der Kabine ein Thema, aber es ist jetzt hier keines mehr. Für mich als Trainer ist zu diesem Thema in der Öffentlichkeit alles gesagt."
Er möchte das Kapitel beenden – was schwierig genug wird. Löw will die beiden aufbauen, er sagte: "Ich habe mit den Spielern mehrmals gesprochen. Meine Aufgabe besteht jetzt darin, die Spieler, die in der Situation sicher auch gelitten haben, in Form zu bringen und beide so weit zu bringen, dass sie einen Mehrwert für unser Team haben."
Özil und Gündogan nicht in der Startelf?
Doch für die Startelf kommen beide wohl eher nicht infrage. Gündogan kommt im Mittelfeld an den Weltmeister-Platzhirschen Sami Khedira und Toni Kroos nicht vorbei.
Anstelle von Özil hat sich Dortmunds Marco Reus ins Team gespielt. Immerhin ist Özil nach seiner Knieprellung wieder fit, hat laut Löw "überhaupt keine Probleme mehr". Die Debatte um Özil und Gündogan hob DFB-Präsident Reinhard Grindel in Watutinki auf eine höhere Ebene: "Wir haben es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun. Ich hoffe, dass die Fans am Sonntag alles dafür tun, uns zu unterstützen." Über 79 000 Tickets wurden an deutsche Fans verkauft – Platz zwei im Ranking hinter Gastgeber Russland. Doch werden die deutschen Anhänger Özil und Gündogan verzeihen?
Grindel hofft darauf, doch aus seinen Worten klingen Zweifel: "2014 war Integration noch positiv besetzt, aber durch die Zuwanderung 2015 hat sich bei vielen offenbar etwas verändert. Es scheint da etwas zu geben, was tiefer liegt, was weit über die beiden Spieler hinausgeht." Womöglich kann die Lösung nur heißen: Tore und Siege. So banal und traurig das klingt.
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