"Wir waren erst um sechs Uhr im Bett"

Karl-Heinz Förster, Vorstopper des '82er-Teams, über das 1:3 vor 30 Jahren.
von  Florian Bogner

München - Denkt man ans WM-Finale 1982, hat man sofort Marco Tardelli vor Augen. Im Fallen hatte er damals den Ball an Toni Schumacher vorbei zum 2:0 ins rechte Eck geschossen und war danach mit geballten Fäusten und weit aufgerissenem Mund zur Seitenlinie gerannt. Jedem war klar: Dieses Tor macht Italien zum Champion. "Dabei stand Scirea kurz davor klar im Abseits", klagt Karl-Heinz Förster 30 Jahre nach der 1:3-Niederlage des DFB-Teams, die den 53-Jährigen immer noch wurmt. "Der Fußballgott war wohl der Meinung, wir dürfen nicht Weltmeister werden."

Zwei Dinge stoßen Deutschlands Fußballer des Jahres 1982 immer noch sauer auf, wenn zurück denkt. Zum einen, dass die lasche Vorbereitung unter Trainer Jupp Derwall damals in ein Kartenspielmarathon mit nächtlichen Besäufnissen ausartete. "Was da in Schluchsee abging, war alles andere als professionell", sagt Förster heute. "Schlucksee" schrieb die Presse später und verhöhnte die umtriebigen Nationalspieler als Säufer. Zum anderen ärgert Förster, dass das DFB-Team beim Finale weniger ausgeruht war als die Italiener: "Wir waren nach dem Elfmeterschießen gegen Frankreich im Halbfinale erst um 6 Uhr im Bett – und zwei Tage später war das Finale, ein klarer Nachteil."

Dabei war Deutschland im Endspiel zunächst obenauf: Antonio Cabrini verschoss einen Elfmeter. "Dann sind wir aber doch in Rückstand geraten. Vor dem 0:1 gab es einen Freistoß. Wir haben noch diskutiert, da hat Tardelli schnell ausgeführt. Flanke Gentile – und in der Mitte drückt Rossi den Ball rein", erinnert sich Förster. Mit der Auswechslung von Wolfgang Dremmler ging’s dann dahin. „Innerhalb von einer Viertelstunde hat's noch zweimal geknallt - 0:3." Dass Paul Breitner noch zum 1:3 traf, war egal. Die Deutschen jubelten nicht mal mehr, den Ball brachte der Schiedsrichter zum Anstoß.

Dennoch ist sich Förster, der 1986 auch sein zweites WM-Finale gegen Argentinien verlor, heute sicher: "Wenn die Vorbereitung gepasst hätte und die Chancen beim Finale gleich gewesen wären, hätten wir es gepackt." Auch wenn der Gegner damals ein starkes Team hatte. "Italien war klar besser besetzt als heute! Rossi, Conti, Tardelli, Altobelli, Zoff waren alle Top-Stars“, sagt Förster und behauptet: „Italien hat heute keinen Offensivspieler, der so gut war wie Conti.“ Für das EM-Halbfinale ist er deshalb optimistisch. "Wir haben das bessere Team." Sein Tipp: "Wir werden uns wieder schwer tun, sie aber am Ende mit 3:1 schlagen." Als Retourkutsche für 1982. Und Tardellis Jubellauf.

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