Wie einst in Cordoba: DFB-Team droht erneut das frühe WM-Aus

Al-Rayyan - Zeichen setzen – so die Formulierung dieser Tage. Ist der deutschen Nationalelf am Mittwoch in Doha nur rein moralisch gelungen. Sportlich setzte es ein Schockerlebnis. Nach der Führung durch das Elfmetertor von Ilkay Gündogan drehten die Japaner das Spiel und gewannen dank der Treffer von Doan und Asano mit 2:1. Somit ist gleich zum Auftakt der Worst Case für das DFB-Team eingetreten.
„Aberwitzig, dass wir mit einer Niederlage dastehen“, sagte Thomas Müller, der zugab „geschockt“ und „ratlos“ zu sein. Der Bayern-Profi ergänzte: „Die K.o.-Runde hat für uns früher begonnen. Jetzt haben wir gegen Spanien den Druck, den wir eigentlich vermeiden wollten. Wir brauchen jetzt zwei Siege. Aber zwei Siege kann man nicht einfach so bestellen.“ Die Spanier nahmen am Abend Costa Rica mit 7:0 auseinander – und bei Punktgleichheit entscheidet am Ende die Tordifferenz über das Weiterkommen. Schlechte Aussichten.
Schwarze Auftakt-Serie setzt sich fort
Durch die Pleite in Hansi Flicks allererstem Spiel als verantwortlicher Chefcoach bei einem Turnier setzte sich die schwarze Auftakt-Serie aus den letzten beiden verbaselten Turnieren fort. Bei der WM 2018 in Russland (0:1 gegen Mexiko) und bei der EM im letzten Jahr (0:1 gegen Frankreich) ging das erste Gruppenspiel jeweils in die Hose, dadurch war sofort Druck in Sachen Punkteausbeute.
Wie jetzt am Sonntag gegen Spanien. Bei einer weiteren Niederlage droht das vorzeitige WM-Aus. „Es ist brutal enttäuschend“, sagte Flick, „die individuellen Fehler dürfen einfach nicht passieren. Wir haben einiges gutzumachen.“
In der Defensive – siehe hier. Und in der Offensive, die sich Torschütze Gündogan ebenfalls anzählte. „Man hatte das Gefühl, dass nicht jeder den Ball immer haben wollte. Wir haben viel zu oft, zu einfach den Ball verloren.“ Das gemeinsame Abendessen im Basecamp nach der rund 70-minütigen Busfahrt zum „Zulal Wellness Resort“ im Norden Katars dürfte wenig erbaulich gewesen sein.
DFB-Elf und Innenministerin Faeser setzen Zeichen
Vor dem Anpfiff gab es mehrere handfeste Überraschungen. Beim Mannschaftsfoto hielten sich die deutschen Spieler mit den Händen die Münder zu. Eine demonstrative Reaktion auf das Verbot der „OneLove“-Binde vonseiten der Fifa. Dazu twitterte der DFB: „Uns die Binde zu verbieten, ist wie den Mund zu verbieten. Unsere Haltung steht.“
Auf der Tribüne verfolgte Bundesinnenministerin Nancy Faeser das Spiel mit einer „OneLove“-Armbinde. Überraschungen ebenso in der Aufstellung. Nach dem Ausfall von Leroy Sané rückte Thomas Müller in die Startelf, obwohl sein letzter Einsatz von Beginn an im Bayern-Trikot vom 30. September datiert. Eine Punktlandung, nachdem der 33-Jährige erst am Samstag ins Teamtraining hatte einsteigen können.
Gündogan sorgt für die Führung – doch Deutschland verpasst die Vorentscheidung
Bis zur 60. Minute dominierte die Flick-Elf die Partie nach der Führung durch den verwandelten Elfmeter (Foul an David Raum), agierte mit viel Vorsicht im Spielaufbau, um die Konter der Japaner verhindern zu können. Doch eigene Chancen vergab man kläglich (Musiala, Gnabry, Gündogan).
Einige Male konnte DFB-Keeper Manuel Neuer noch retten, doch dann traf Ritsu Doan vom SC Freiburg nach einer Hereingabe von Minamino, die der Kapitän nur nach vorne abklatschen konnte, zum Ausgleich (75.). Mehr und mehr übernahm die physisch fitter wirkenden Japaner die Szenerie, drückten aufs Tempo. Bochums Takuma Asano lief Schlotterbeck davon und traf zum 2:1. „Was die Effizienz betrifft“, sagte Flick konsterniert, „hat Japan uns klar geschlagen.“
Dass eine deutsche Mannschaft bei einer WM zuletzt nach Halbzeitführung verloren hat, war 1978 in Argentinien, bei der legendären 2:3-Pleite in Córdoba gegen Österreich. Danach ging’s nach Hause. Diesmal auch bald? „Wir müssen die Spieler jetzt aufbauen. Jeder hat das im Kopf und wird sich ärgern“, sagte Flick, „trotzdem muss man nach vorne blicken. Wir haben zwei Spiele, sechs Punkte sind zu vergeben, daran arbeiten wir.“