Waldi Hartmann: "Ich habe Rudis Beschimpfung genossen!"
AZ: Herr Hartmann, wann waren Sie zuletzt auf Island?
WALDEMAR HARTMANN: Nie wieder. Sie meinen wegen der Nummer mit Rudi Völler? Ach, so romantisch bin ich nicht veranlagt. Ich bevorzuge südliche Gefilde bei meinen Urlaubsreisen.
Dennoch hat der Island-Vulkanausbruch des damaligen DFB-Teamchefs Rudi Völler im TV-Interview nach dem öden 0:0 im Länderspiel Ihr Leben verändert.
Aber ja! Natürlich hat das meine Karriere beeinflusst. Am Jahrestag diesen Freitag schreibe ich Rudi wieder eine SMS, in der immer dasselbe steht: „Herzlichen Dank! Eine Provision bekommst du immer noch nicht, aber beim nächsten Treffen geht der Deckel auf mich.” Ich kann sagen: Ich habe die Beschimpfung genossen.
Kann Rudi Völler, heute Leverkusens Sportdirektor, drüber lachen?
Er hat mit diesem Kapitel abgeschlossen, würde diesen Wutausbruch am liebsten aus seinem Leben streichen. Dabei war das auch für ihn ein riesiger Popularitätsschub. Vier Tage später beim Qualifikationsspiel in Dortmund gegen Schottland haben 70000 Leute im Stadion gesungen: „Es gibt nur ein’ Rudi Völler!” Aber ich kann verstehen, dass er darüber nicht mehr groß reden möchte.
Das ZDF hatte Sie und Völler in die Talkshow von Markus Lanz eingeladen.
Er hat abgesagt.
Warum kann Völler da nicht über sich selbst lachen?
Das müssen Sie doch verstehen! Er ist da richtig ausgeflippt. Wenn du dich danach selbst siehst, willst du das nicht wahrhaben. Außerhalb der Öffentlichkeit hat er viel Humor. Ich erzähle Ihnen eine Geschichte.
Bitteschön.
Vor drei Jahren hatte Rudi 50. Geburtstag. Seine Frau Sabrina organisierte bei Völlers zu Hause eine Überraschungsparty, lud mich als Überraschungsgast ein. Sie sagte: Du gehörst auch zu Rudis Leben, zu unserer Familie. Da waren 60, 70 Leute, keine Journalisten. Ich stand hinter einem Vorhang mit einem Tablett in der Hand, darauf drei Weißbier: Oh Gott, oh Gott, dachte ich. Doch alles wunderbar. Wir haben ein freundschaftliches Verhältnis. Er sagt immer im Spaß: „Ja, hab’ ich nichts anderes gemacht in meiner Karriere als mich von Rijkaard anspucken zu lassen und den Waldi zu beschimpfen?”
Wie oft sehen Sie das Interview von 2003 noch?
Ich stehe nicht nachts auf und werfe den Videorekorder an. Aber ich bin Rudi immer noch dankbar, denn so kam ich zu meinem Spitznamen Weißbier-Waldi. Auch wenn mein Paulaner-Sponsorvertrag nun nach zehn Jahren ausgelaufen ist.
Jetzt mal ehrlich, Herr Hartmann: Wirklich nichts getrunken gehabt, damals vor der Sendung, wie Ihnen Völler vorwarf?
(lacht) Das hat mich Harald Schmidt auch schon mal gefragt. Nein, ich trinke tatsächlich Tee zum Frühstück.
Haben Sie während des Interviews gemerkt: Das läuft? Sie sind ganz cool geblieben.
Erinnern Sie sich an das umgefallene Tor in Madrid 1998, als Jauch und Reif eine TV-Sternstunde hinlegten? Damals in Reykjavik, als Rudi loslegte, dachte ich mir: Hartmann, das ist jetzt dein Tor! Das musst du durchziehen. Im Video sieht man, dass ich leicht schmunzle. Ich wusste: Hier passiert gerade ein TV-Ereignis. Ich habe das Gespräch elf Minuten am Köcheln gehalten, die Quote ist immer mehr gestiegen.
Was wäre, wenn es eskaliert wäre? Wenn Völler das Studio wütend verlassen hätte?
Es musste ein gutes Ende finden. Am Schluss war Rudi auch versöhnlich, hat sich bei mir noch im Studio entschuldigt, sagte: „Nur das mit dem Weißbier war Scheiße!”
zu Waldi Hartmann: Der 65-jährige Sportmoderator und Autor, Spitzname „Weißbier-Waldi“, veröffentlichte zuletzt das Buch „Dritte Halbzeit“.
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