Von Freiburg nach Katar: Ginter und Günter könnten bei Flick überraschen

Maskat - Vier Weltmeister von 2014 hat Hansi Flick, damals in Brasilien Assistenztrainer von Joachim Löw, für die anstehende WM in Katar nominiert. Torhüter Manuel Neuer (36), Thomas Müller (33), Rückkehrer Mario Götze (30) - und? Wer kein Experte oder Hardcore-Fan ist, für den dürfte diese Frage eine à la "Wer wird Millionär?" sein.
Die Lösung: Matthias Ginter. Vor acht Jahren war der damals 20-Jährige allerdings keine Sekunde zum Einsatz gekommen - dennoch gab es als Kadermitglied natürlich eine Goldmedaille im Anschluss an das 1:0 im Finale gegen Argentinien. Allerdings war der gebürtige Freiburger auch erst mit der Erfahrung von zwei Länderspielen angereist.
Matthias Ginter war lange nur zweite Wahl in der Nationalmannschaft
Richtig bitter waren dann die nächsten Turniere: EM 2016 in Frankreich, WM 2018 in Russland. Wieder im Kader, wieder fleißig im Training, erneut ein loyaler Teamplayer - wieder kein Einsatz. Als sei es ein Stempel oder gar ein Fluch.
Dabei war er als Mitglied des Perspektivteams von Löw Confed-Cup-Gewinner 2017 geworden, hatte ein Jahr zuvor unter Horst Hrubesch bei Olympia in Rio die Silbermedaille gewonnen. Und dann - endlich - bei der um ein Jahr verschobenen EM 2020 die ersten vier Turniereinsätze: alle von Beginn an bis zum unrühmlichen Aus im Achtelfinale (0:2 in England).
Nun, bei der am Sonntag in Katar beginnenden WM, will Ginter endlich seinen ersten WM-Einsatz erleben - was sind da schon sieben WM-Qualifikationsspiele?
Flick hat den Freiburger, der im Sommer von Borussia Mönchengladbach zu seinem Herzensklub zurückgekehrt ist, als flexiblen Abwehrspieler nominiert, der rechts hinten oder zentral verteidigen kann. Doch von den 15 Länderspielen unter Flick seit August 2021 machte Ginter lediglich zwei.

Christian Günter darf sich links hinten Hoffnung machen
Droht ihm trotz seiner Erfahrung von 46 Länderspielen (zwei Tore) wieder ein komplettes Bank-Erlebnis? Flick steht auf Ginter und dessen Anpassungsfähigkeit, allerdings dürfte dessen Teamkollege Christian Günter (29), ein Spezialist auf der Linksverteidiger-Position, größere Einsatzchancen haben. Trotz seiner erst sechs Länderspiele (drei unter Löw, drei unter Flick) ist Günter ein ernstzunehmender Konkurrent für David Raum von RB Leipzig, der als 1A-Lösung von Flick gilt.
Doch Günter, wie Ginter entscheidend verantwortlich für den Freiburger Höhenflug (Platz zwei in der Bundesliga, Vorstoß ins Europa-League-Achtelfinale), reiste formstark und auf Wolke sieben zum Nationalteam. Der SC-Kapitän ist der verlängerte Arm von Kulttrainer Christian Streich und uneingeschränkter Wortführer in der Mannschaft.

Günter, geboren in Villingen-Schwenningen, wuchs im Schwarzwald auf und spielte seit seiner Jugend für keinen anderen Verein als den Sportclub. "Ich habe gewusst, dass er mindestens Zweitligaspieler wird", meinte Streich ehrlich.
Christian Günter nimmt seine Rolle voll an
Aber eine WM-Teilnahme? Nun reiste Günter mit in den Oman zum einzigen WM-Test und sagte vor Ort in Maskat: "In der B-Jugend war überhaupt nicht absehbar, dass mein Weg mich hierherführt. Mit der WM geht ein ganz großer Traum in Erfüllung. Ich habe hart dafür gearbeitet."
Laute Ansprüche stellen, das ist nicht sein Ding. "Ich werde mein Bestmögliches tun, um der Mannschaft zu helfen", betont Günter, "aber egal, wie der Bundestrainer sich entscheidet, egal, in welcher Rolle ich am Ende dabei bin: Ich werde 100 Prozent dahinterstehen und Gas geben für die Mannschaft." Typisch Günter.
Dass G&G, also Ginter und Günter, nun bei dieser Fußball-WM in Katar dabei sind, ist laut Streich "für uns als Verein eine riesige Auszeichnung". Denn, so der 57-Jährige: "Es schaffen nur die, die am härtesten arbeiten, die durch ganz viele Täler durchgekommen sind, weil sie so eine Mentalität haben." Sie, das Freiburger Malocher-Duo.