Von Beckenbauer bis Flick: So erging es den Bundestrainern beim Debüt
Stuttgart - Die neue Zeitrechnung der Nationalelf bringt einen Sinneswandel. Denn am Mittwochnachmittag geht es per Mannschaftsbus vom Stuttgarter Waldhotel nach St. Gallen.
220 Kilometer mit dem Bus
Die 220-km-Fahrt ins Teamhotel Radisson Blu für die zwei Nächte rund um das WM-Qualifikationsspiel gegen Gastgeber Liechtenstein (deren Stadion in Vaduz sich im Umbau befindet) dauert je nach Verkehr gut zweieinhalb Stunden. Die Strecke, so wird man in Fußballerkreisen tuscheln, hätte man auch fliegen können, oder?
Die Nationalmannschaft spart CO2 ein
Da war doch was: Vor gut einem Jahr erntete die Nationalelf heftige Kritik für den Kurzflug von Stuttgart zum Nations-League-Spiel nach Basel. Aus Regenerationsgründen wurde laut DFB damals auf eine etwa zweieinhalb- bis dreistündige Busfahrt verzichtet.
So gesehen hinterlässt der neue Bundestrainer Hansi Flick bei nun ähnlichen Voraussetzungen einen passableren CO2-Fußabdruck. Auch der erste Eindruck zählt.
Ein hoher Auftaktsieg ist fest eingeplant
Und rein sportlich? Gegen die in der Fifa-Weltrangliste lediglich auf Platz 189 platzierten Liechtensteiner ist am Donnerstag (20.45 Uhr, RTL live) ein hoher Sieg als nette Ouvertüre fest eingeplant. Doch wie haben sich die anderen Bundestrainer bzw. Teamchefs bei ihrem ersten Mal für den DFB geschlagen? Eine kurze AZ-Zeitreise von Löw bis Kaiser Franz:

Joachim Löw 2006 (3:0 gegen Schweden): Nachdem Löw die Nationalelf bei der Sommermärchen-WM 2006 in Deutschland als Assistent, Trainingskoordinator und wichtiger Taktik-Impulsgeber von Jürgen Klinsmann zum umjubelten Platz drei geführt hatte, stand er am 16. August 2006 in Gelsenkirchen plötzlich alleinverantwortlich an der Seitenlinie. Beim lockeren 3:0 im Testspiel trafen Bernd Schneider und Mittelstürmer Miroslav Klose doppelt.

Jürgen Klinsmann 2004 (3:1 in Österreich): Der Schwabe war die Sensation als neuer Coach, da der frühere Nationalstürmer zum damaligen Zeitpunkt nie als Trainer gearbeitet hatte. Er wollte "den ganzen Laden auseinandernehmen" und begann mit einem Auswärtserfolg im Wiener Ernst-Happel-Stadion. Dreimaliger Torschütze beim Test am 18. August 2004: Kevin Kuranyi.
Rudi Völler 2000 (4:1 gegen Spanien): Was für eine Euphorie nach dem Einstand von "Tante Käthe" als Bundestrainer, eigentlich nur als Übergangslösung angedacht, weil Christoph Daum ein Jahr später das Amt übernehmen sollte. Der per Haarprobe nachgewiesene Drogenkonsum verhinderte das. Beim 4:1 im Test gegen Spanien am 16. August 2000 in Hannover trafen Mehmet Scholl und Alexander Zickler doppelt - bis heute der höchste Sieg gegen die Iberer.
Erich Ribbeck 1998 (0:1 in der Türkei): Der frühere Bayern-Trainer erlitt am 10. Oktober 1998 beim EM-Qualifikationsspiel Schiffbruch - 0:1 (Eigentor von Torwart Oliver Kahn!). Die Türken hatten auf eine Austragung in Bursa bestanden, weshalb der DFB-Tross von Istanbul aus mit dem Tragflügelboot übers Meer in die kleine Stadt, einen Ski-Ort mit engem 20.000-Mann-Stadion, übergesetzt war. Ribbeck schaffte die EM-Qualifikation noch, scheiterte 2000 jedoch in der Gruppenphase. Die kürzeste Amtszeit in der DFB-Bundestrainer-Historie war beendet.

Berti Vogts 1990 (1:1 in Portugal): Ein wenig spektakulärer Einstand für den Nachfolger von Franz Beckenbauer. Am 29. August 1990 gab der ehemalige Kaiser-Assistent sein Debüt beim 1:1 im Test in Lissabon (DFB-Torschütze: Lothar Matthäus).

Franz Beckenbauer 1984 (1:3 gegen Argentinien): Von der "Bild" und der Öffentlichkeit dazu gedrängt, übernahm der unerfahrene Weltklasse-Libero ohne Trainerlizenz - daher wurde der Begriff Teamchef erfunden - nach dem Vorrunden-Aus bei der EM 1984 unter Vorgänger Jupp Derwall. Am 12. September 1984 setzte es im Test in Düsseldorf ein 1:3 (Torschütze Ditmar Jakobs) gegen Argentinien. Knapp sechs Jahre später führte Beckenbauer die Nationalmannschaft zum WM-Triumph von Rom - mit einem 1:0 gegen Argentinien.