„Vielleicht war’s die ganze Scheiße“
Am Schluss lag Arjen Robben platt wie eine Flunder am dänischen Strafraum. Nur ganz allmählich kam er wieder hoch, verharrte noch eine Weile im Sitzen, bis er endlich frustriert Richtung Kabine trottete. In die TV-Kameras sprach er ungewöhnlich derbe Worte: „Vielleicht war es die ganze Scheiße.“
0:1 gegen Dänemark: So hatte sich die niederländische Auswahl den EM-Auftakt sicherlich nicht vorgestellt. Und Bayern-Star Robben auch nicht, der bei der EM diese „ganze Scheiße“ vergessen machen wollte: die schon Monate währende Debatte um Egoismus, Elfmeterversagen und Pfiffe der eigenen Fans, die anscheinend eine Blockade bei dem genial veranlagten Linksfuß hinterlassen hat.
Robben spielte wie immer in Oranje sehr mannschaftsdienlich, wechselte oft die Position. In seiner besten Szene suchte der 28-Jährige nicht den Abschluss – sein Pass auf Wesley Sneijder rollte ins Nichts. Pech hatte er mit einem Pfostenschuss (36.). Erst als nichts mehr ging, versuchte er sich noch als „Ego-Shooter“. Doch seine typischen Aktionen mit dem Haken nach innen und anschließendem Torschuss (65./79.) brachten nur die Ballkinder hinter dem dänischen Tor in Gefahr. Robbens Frust war gewaltig: „Wenn die Dänen ins Bett gehen, werden sie denken: Wie haben wir hier gewinnen können?“
Nun, mit einer starken Defensive, einem überragenden Torhüter Stephan Andersen sowie einem Genie-Streich des Ex-Ajax-Spielers Michael Krohn-Dehli, der in Minute 24 das einzige Tor erzielte. Zum Entsetzen von Tausenden Oranje-Fans, die sich mit 30<TH>000 Litern Bier auf der Fanmeile in Stimmung gebracht hatten, reichte das schon, um den Vize-Weltmeister zu bezwingen.
Neben Robben wirkte auch Robin van Persie wie ein tragischer Held in Orange: Der Torschützenkönig der englischen Premier League, der den Vorzug vor dem Schalker Klaas-Jan Huntelaar erhalten hatte, vergab seine Chancen reihenweise. Als van Persie nach einem perfekten Pass von Sneijder den Ball im Strafraum verstolperte, konnte sich Huntelaar auf der Bank ein schwaches Grinsen nicht verkneifen. Bondscoach Bert van Marwijk wird viel Arbeit haben, die schwelenden Konflikte unter seinen Offensivstars unter Kontrolle zu halten.
Für Holland geht es in der nächsten Partie am Mittwoch gegen Deutschland (20.45 Uhr) nun schon um alles. Ibrahim Afellay vom FC Barcelona sagte: „Jetzt heißt es gewinnen oder sterben.“ Tod oder Gladiolen, wie ein gewisser Louis van Gaal so schön sagte. „Aber Deutschland will Fußball spielen“, so Affelay weiter, „das macht sie zu einem besseren Gegner.“
Der Ex-Hamburger Rafael van der Vaart, ebenfalls zunächst nur auf der Bank, meinte verzweifelt: „Wir hätten drei Tage spielen können, ohne ein Tor zu schießen. Gegen Deutschland ist es für uns schon ein Endspiel.“ Kapitän Mark van Bommel gab sich gewohnt kämpferisch: „Wir sind noch nicht fertig mit dieser EM.“ Auch der Elftal-Trainer Bert van Marwijk demonstrierte Zuversicht: „Gegen Deutschland müssen wir gewinnen. Und das können wir auch.“