Etliche Achtelfinal-Sperren drohen: Über welche Alternativen Nagelsmann nachdenkt

Nagelsmann in der Zwickmühle: Vier DFB-Spielern droht eine Sperre fürs Achtelfinale.
von  Patrick Strasser
Antonio Rüdiger sah gegen Ungarn die Gelbe Karte.
Antonio Rüdiger sah gegen Ungarn die Gelbe Karte. © picture alliance/dpa | Federico Gambarini

München - Die Diskussion hatte schon vor dem Spiel begonnen. Ob er denn bei einer komfortablen Führung alle drei Stuttgarter Ersatzspieler, also Chris Führich, Deniz Undav und Waldemar Anton, einwechseln werde? "Erstmal müssen wir schauen, dass wir das Spiel gut hinbekommen", antwortete Julian Nagelsmann, "dann können wir über solche Zuckerl sprechen."

Die Bonbons, von denen der Bundestrainer sprach, wurden nach der 2:0-Führung im zweiten EM-Gruppenspiel gegen Ungarn verteilt. An Außenstürmer Führich, der in der 72. Minute ins Spiel kam und an Angreifer Undav, der in der 84. auf den Rasen durfte – beide besonders gefeiert von den VfB-Fans unter den Zuschauern. Beim 5:1 gegen Schottland hatte Nagelsmann, ganz empathisch, der Bayern-Legende Thomas Müller dessen ganz speziellen Auftritt vor heimischem Publikum als Joker ermöglicht.

Nagelsmann will den Gruppensieg: "Wir wollen Erster werden, das ist wichtig"

Vor dem dritten Gruppenspiel am Sonntag in Frankfurt gegen die Schweiz kann und darf es Nagelsmann allerdings nicht darum gehen, zu überlegen, wer diesmal das Zuckerl für einen Kurzeinsatz erhält. Auf dem Spiel steht: der Gruppensieg und damit der vermeintlich leichtere Gegner, der Zweite der Gruppe C (Dänemark, Slowenien oder Serbien – vorausgesetzt England wird Erster).

Im Vergleich zur Gruppe B, gegen dessen Zweiten (Italien oder Spanien) man als Gruppen-Zweiter antreten müsste. "Wir wollen Erster werden, das ist wichtig", sagte Nagelsmann und erklärte: "Das hat mit dem möglichen Gegner zu tun, auch wenn man da Dinge voraussetzt, die man nicht beeinflussen kann Es könnte sein, dass der Gegner dann nicht der Riesenbrocken ist. Aber das gibt auch eine Wirkung nach Innen und nach Außen, wenn du die Gruppe als Erster beendest."

Bekommt Nico Schlotterbeck im Achtelfinale seinen EM-Einsatz?

Doch es lauert: Die Gelbe Gefahr. Nagelsmann und sein Trainerteam müssen eine Art Risikoabwägung treffen: Volles Risiko mit Blick auf Rang eins oder doch einige der Kandidaten schonen, die bei einer weiteren Verwarnung im Achtelfinale gesperrt wären? Zur Erklärung: Bei der EM müssen Spieler nach der zweiten und der vierten Gelben Karte aussetzen, einzelne Verwarnungen werden aber nach dem Viertelfinale gestrichen.

Über welche vier Spieler der Bundestrainer nun nachdenken muss und wie die Alternativen lauten:

Jonathan Tah: Der Leverkusener Innenverteidiger, auf der Wunschliste des FC Bayern, sah im Auftaktspiel gegen die Schotten Gelb. Da der 28-Jährige, obwohl Rechtsfuß, auf der linken Seite der Innenverteidigung spielt, wäre Dortmund-Profi Nico Schlotterbeck (24) als Linksfuß wohl erster Ersatz. Außerdem hat der WM-Teilnehmer von 2022 schon öfter im DFB-Team mit Rüdiger gemeinsam verteidigt.

Beide Innenverteidiger sind gelb vorbelastet

Antonio Rüdiger: Der Champions-League-Sieger mit Real Madrid sah gegen Ungarn wegen Meckern Gelb. Fehlt der 31-Jährige im Achtelfinale gesperrt, dürfte Stuttgarts Waldemar Anton (27) sein Stellvertreter sein. Auch wenn der Rechtsfuß erst zwei Länderspiele bestritten hat, dürfte er die Nase vorn haben im Vergleich mit Robin Koch (27) von Eintracht Frankfurt. Einen der beiden Innenverteidiger könnte Nagelsmann von der Last befreien, zu vorsichtig spielen zu müssen.

Maximilian Mittelstädt: Der Linksverteidiger sah bei 2:0-Führung gegen Ungarn in der 89. Minute wegen eines taktischen Fouls eine überflüssige Gelbe Karte. Kassiert der 27-jährige Stuttgart-Profi eine weitere Verwarnung, würde ihn David Raum (26/Leipzig) eins zu eins ersetzen. Oder schont Nagelsmann Mittelstädt? Denkbar.

Rotiert Nagelsmann gegen die Schweiz? "Kann natürlich sein, dass wir ein, zwei Spieler durchwechseln"

Robert Andrich: Der Leverkusener gibt den Bodyguard von Toni Kroos. Nachdem der 29-Jährige gegen Schottland in Halbzeit eins Gelb gesehen hatte, brachte Nagelsmann bereits zur Pause Pascal Groß (33/Brighton) – um keinen Platzverweis zu riskieren. Gegen die Schweiz dürfte der ballsichere Groß wohl für Andrich, dessen Spiel sehr physisch ist, auflaufen. Und Groß ist ausgeruht, kam gegen die Ungarn nicht zum Einsatz.

Nagelsmanns Gedankenspiele mit Blick auf die Partie gegen die Schweiz: "Es ist schon wichtig, dass wir möglichst viele Spieler aus der ersten Elf wieder auf dem Platz haben, weil wir die Rollen ja bewusst verteilt haben. Es kann natürlich sein, dass wir ein, zwei Spieler durchwechseln." Am gefährdetsten sind die gefährdeten Spieler.

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