VfB Stuttgart: Der neue Trainer rettet Torwart Lehmann

Jens Lehmann entschuldigt sich nach seinem Ausraster am Sonntag in Mainz beim Team – und darf bleiben. Vorerst aber ist er verletzt
STUTTGART Als gegen Mittag die ersten Autos der VfB-Spieler vom Parkplatz vor den Kabinen fuhren, sich bei einigen die Fenster für ein kurzes Statement öffneten, zeichnete sich eine friedliche Lösung im Fall Jens Lehmann (40) ab. Der Stuttgarter Torwart wird weder vorläufig suspendiert, noch steht nach dem turbulenten Abend von Mainz eine baldige Trennung im Raum.
Trotzdem scheint das Theater um Lehmann den Klub weiter vor ernste Belastungsproben zu stellen. Erst nach stundenlangen Beratungen zeigte sich der VfB in der Lage, am späten Nachmittag eine Erklärung abzugeben. Neben dürren Sätzen gab der VfB eine zehntägige Verletzungspause des Keepers bekannt. Im Spiel in Mainz habe der folgende Verletzungen davon getragen: „Innenbandzerrung, Gelenkkapseleinriss und Bluterguss im linken Knie.“ Mancher Beobachter wertete die Krankmeldung Lehmanns durch den Klub als Versuch, Lehmanns Revanchefoul gegen Aristide Bance, das zu einer Roten Karte führte, in ein freundlicheres Licht zu rücken.
Zum Zeitpunkt der Verlautbarung hatte sich Lehmann bei seinen Kollegen für seinen Ausraster entschuldigt, die in Mainz auch zu einem Elfmeter führten, der die Stuttgarter beim 1:1 den Sieg kostete.
Nach einem intensiven Gespräch mit dem neuen VfB-Trainer Christian Gross stand fest, der Coach würde an Lehmann festhalten. Mehr noch: Der Schweizer soll sein Veto gegen einen Rauswurf eingelegt haben, den die Vereinsführung erwogen hatte.
Schon vor der Partie gegen Mainz stand Lehmann laut „Stuttgarter Zeitung“ kurz vor der Suspendierung. Auch dabei soll Gross interveniert haben. Gross also rettete Lehmann den Job. Gross: „Ich bin überzeugt, dass Jens Lehmann hoch motiviert in die Rückrunde geht und um einen tollen Abschluss seiner Karriere zu haben." Freilich muss sich der Torwart nun erst einmal auf eine Sperre von zwei oder drei Spielen einstellen.
Lehmann war am Morgen nach Stuttgart zurückgekehrt. In der Nacht zuvor flog er mit dem Flugzeug direkt nach München und landete um 21 Uhr. Vom Airport aus ließ er sich per Taxi zu seiner Familie an den Starnberger See fahren. Die VfB-Mannschaft reiste derweil aus Mainz ohne den Torwart zurück nach Stuttgart. Der hatte vorm Bruchwegstadion, nachdem er einem kritischen Fan die Brille von der Nase gezogen hatte (AZ berichtete), zunächst Zuflucht im Mannschaftsbus gesucht. Dann war er mit einem herbeigerufenen Taxi zum Flughafen kutschiert worden. Die Abreise sei mit dem Klub abgestimmt gewesen, hieß es.
Die neuesten Eklats markierten den vorläufigen Höhepunkt zahlreicher Fehltritte des Torwarts. Zuletzt sollte er wegen Kritik an der Vereinsführung zu 40000 Euro Strafe zahlen. Als er mal dem inzwischen entlassenen Teamchef Markus Babbel zu lasches Training vorhielt, zahlte 12500 Euro Geldstrafe. In einem Spiel riss er Khalid Boulahrouz dessen Stirnband vom Kopf. Live in die Mitgliederversammlung zugeschaltet, warf er der Klubführung eine verfehlte Personalpolitik vor. In der Partie gegen Hoffenheim lief er bis ins Mittelfeld und holte sich den verlorenen Schuh von Sejad Salihovic, den er auf sein Tor warf. In Hannover legte er sich mit Balljungen an. Im Champions League Spiel gegen Unirea Urziceni pinkelte Lehmann während der Partie hinter eine Werbebande. In Mainz nun der Tritt und die Sache mit der Brille. Es wird nicht still um Lehmann.
Am Saisonende soll damit Schluss sein. Dann hört er auf.
Oliver Trust