Vertragsverlängerung: Der Triumph des Jogi
Überraschend schnell beendet Deutschlands oberster Fußballlehrer den Streit um seine Vertragsverlängerung und nährt die Hoffnung auf noch ein Sommermärchen in zwei Jahren. Jetzt ist er mächtiger als davor.
Neun Tage nach der WM hat er noch einmal gesiegt – und diesmal auf der ganzen Linie. Joachim Löw bleibt Bundestrainer und wird mächtiger als je zuvor. Überraschend schnell einigten sich der DFB und Deutschlands oberster Fußballlehrer auf eine Vertragsverlängerung bis 2012. Der Traum vom nächsten Fußballsommermärchen – und vom ersten Titel unter Löw – geht weiter.
Überraschend schnell endete die Hängepartie, die schon vier Monate vor der WM begann, und die das Turnier lange Zeit zu überschatten drohte. Entspannt und locker tritt der 50-jährige Löw in der DFB-Zentrale auf. Neben ihm Team-Manager Oliver Bierhoff, der ebenfalls bis 2012 weitermacht. Eine Personalie, die zeigt, wie komplett sich Löw beim DFB durchgesetzt hat, wo der 42-jährige Manager keineswegs unumstritten ist.
Doch von Differenzen lassen sich die Oberhäupter nichts anmerken: „Wir haben sehr viel Spaß gehabt bei der WM“ sagte Löw, der hitzebedingt offenes Hemd statt Kaschmir-Pullover zum Anzug kombiniert, gestern: „Und wir freuen uns auf die kommenden Aufgaben.“ Das Trainerteam – auch Andreas Köpke und Löws Assistent Hansi Flick haben verlängert – werde die Mannschaft „weiterentwickeln, weiterführen und vorantreiben“, sagte Bierhoff. Löw lobte die „optimalen Arbeitsbedingungen“, die der DFB dem Team biete, und DFB-Präsident Theo Zwanziger bejubelte „den Bundestrainer, der zur Mannschaft passt“.
Soviel Harmonie war nicht immer, und es bleibt unklar, wie viel sich der Verband die Zufriedenheit kosten lässt. DFB-Präsident Theo Zwanziger schwurbelte von „moderaten Konditionen im Einklang mit dem gemeinnützigen Charakter des Verbands“. Man schätzt, dass Löw sein Jahresgehalt auf über drei Millionen Euro verdoppelt hat.
Im Februar sah es nach so einem Happy End nicht aus. Da hatte sich Zwanziger auch noch nicht dem Bundestrainer vor die Füße geworfen, wie in Südafrika. Da waren heikle Details aus Vertragsverhandlungen durchgesickert (von Handgeld in Höhe eines Jahresgehalts für die Vertragsunterzeichnung war die Rede), was Löw als unfreundlichen Akt empfunden hatte. „Ich bin stark verärgert“, ließ Löw wissen, die vorzeitige Vertragsverlängerung blieb aus.
Auch während der WM ließ sich Löw nicht vorschnell erweichen, Zwanzigers Huldigungen am Rande der Peinlichkeit zum Trotz. Doch mit zunehmendem Erfolg bei der WM wurde klar, dass es für das System Löw derzeit keine Alternative gibt.
Hinter der vermeintlich weichen, eleganten Art des Bundestrainers verbirgt sich ein knallharter Verfechter des Leistungsprinzips. Das Recht auf Stammplätze strich er gleich nach Amtsübernahme 2006, die Liste der Opfer verdienter Kräfte von Frings bis Kuranyi ist prominent.
Und sie könnte länger werden. Das macht Löw auch gestern klar. Er werde „beobachten, wie Michael Ballack den Rhythmus aufnimmt“ sagt er, will heißen: die Rückkehr des alten Capitano ist von seiner Leistung abhängig. Und wird Ballack wieder Kapitän, nachdem Philipp Lahm seine Ansprüche klar gemacht hat? „Das entscheidet alleine der Trainer“, sagt Löw.
Sonst redet er gern von „wir“, aber das Selbstbewusstsein des anerkannten Fachmanns wächst. Die Öffentlichkeit und die Funktionäre sehen ihn als Erfolgstyp, er selbst sieht sich als konzentrierten Arbeiter. Zu viel Lob scheint ihm fremd, aber die Fachwelt und die Fans bestaunten den Fußball, den Löws Elf in Südafrika über weite Strecken zeigte.
WM-Dritter 2006, damals unter Klinsmann, EM-Zweiter 2008, jetzt wieder WM-Dritter, mit einem Punkteschnitt von 2,23 in 46 Länderspielen ist Jogi Löw der erfolgreichste aller Bundestrainer. Dass es zum richtigen Titel noch nicht reichte, sieht Deutschland seinem Nationaltrainer nach – noch. Dass es dabei nicht bleiben muss, weiß sicher auch Löw.
Nach der EM in der Ukraine und Polen könnte die Frage neu auftauchen. Nein, er denke jetzt nicht an die nächste WM. „Erst kommt die EM. Dann werden wir weitersehen.“
Matthias Maus