„Van der Vaart ist der Houdini des Fußballs“

Für den Holländer Hans Klok, einen der genialsten Zauberer der Welt, ist die WM eine große Bühne der Illusionen. Er erklärt, wieso seine Landsleute oft so früh von der Bildfläche verschwinden.
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Der holländische Magier Hans Klok  ist von der Welt des Fußballs verzaubert.
dpa Der holländische Magier Hans Klok ist von der Welt des Fußballs verzaubert.

Für den Holländer Hans Klok, einen der genialsten Zauberer der Welt, ist die WM eine große Bühne der Illusionen. Er erklärt, wieso seine Landsleute oft so früh von der Bildfläche verschwinden.

AZ: Herr Klok, Sie sind in der Welt der Magie zu Hause, wie viel Zauberkunst sehen Sie denn bei den Akteuren bei dieser Fußball-WM? Sehen Sie Parallelen zwischen diesen beiden Bühnen?

HANS KLOK: Sehr große. In beiden Professionen kommt es darauf an, wie man seine Tricks verkauft. Die Mechanismen sind ähnlich. Man muss etwas vortäuschen, was gar nicht ist, man muss mit Illusionen arbeiten. Das mache ich auf der Bühne, wo ich große Illusionen verkaufe, das machen die Spieler auf dem Rasen. Sie wollen mit identischen Mitteln – Täuschung, Präzision, Illusion – an ihrem Gegner vorbeikommen. Man präsentiert vermeintliche Realitäten, die es gar nicht gibt. Der Fußballer hat – genau wie der Magier – immer einen doppelten Anspruch. Er will seinen Job bestmöglich erledigen, aber da wir unseren Job nicht im stillen Kämmerlein ausüben, agieren beide vor dem und für das Publikum.

Welcher Spieler verzaubert Sie, den schnellsten Magier der Welt?

Ich liebe die Art, wie David Beckham spielt. Leider ist er derzeit verletzt, aber er ist ein begnadeter Spieler und hat es geschafft, ein moderner Rockstar zu werden. Ich denke, dass wir Zauberer die Rockstars der Neuzeit sind. Wenn man sich anschaut, welche Massen ein Chris Angel begeistert, sieht man das. Wir sind die Superhelden des Entertainments, die Fußballer jene des Sports. Diese Anerkennung hatten die Magier ja früher schon. Etwa zu Houdinis Zeiten.

Erinnert Sie einer der WM-Stars an den legendären Entfesselungskünstler Houdini?

Unser Rafael van der Vaart ist für mich der Houdini am Ball. Er ist unglaublich. Und bei den nicht mehr aktiven Spielern? Natürlich Johan Cruyff. Ich bewundere ihn sehr. Er war ein Zauberkünstler am Ball, aber auch als Person hat er die Menschen verzaubert. Was er für sozial Benachteiligte getan hat, ist großartig. Ihn verehre ich zutiefst.

Die Niederlande spielten bei großen Turnieren meist tollen Fußball, waren aber nicht sehr erfolgreich. Hat der Magier dafür eine Erklärung, dass die Zauberkraft der Holländer nie lange wirkt?

Bei uns in Holland kreisen die Menschen oft zu sehr um sich selbst. Sie glauben, dass sie alles besser wissen. Das ist eine holländische Eigenart. Mit dieser Einstellung macht man vielleicht als Individuum Karriere, für einen Mannschaftssport ist es Gift. Wenn ich denke, dass ich alles besser kann, wie soll ich dann auf einen Trainer hören, der mir etwas beibringen will? Das war der Grund, dass Holland als Mannschaft nie das erreicht hat, was es könnte. Holland ist als Team an dieser Einstellung gescheitert.

Benennen Sie doch mal magische Momente des Fußballs?

Sicher Marco van Bastens Kunstschuss beim EM-Finale 1988 gegen die UdSSR, als er den Ball fast von der Eckfahne volley versenkte. Das war definitiv magisch.

Und wie magisch war das WM-Finale 1974 zwischen Deutschland und Holland?

Da habe ich zum Glück die Gnade der späten Geburt: Ich war so klein, dass ich mich an diese Niederlage nicht erinnern kann.

Warum haben Sie sich selber für die Welt der Magie und nicht die Welt des Fußballs entschieden?

Als Kind hat mich Sport nicht im Ansatz interessiert. Mein Großvater hat mir einen Zauberkasten geschenkt und da tat sich mir sofort eine Welt auf, die die meine war. Das hat zwar außer mir keiner verstanden, aber die Magie hat mich immer ganz anderes bewegt, als etwa Fußball. Da man als Magier sein Leben lang ein Lehrling und nie ein Meister ist, weil man immer etwas verbessern kann, ist meine Welt, die Welt der Zauberei. Deswegen bin ich auch der schlechteste Fußballer der Welt.

Bei der WM 2006 in Deutschland haben Sie bei der Eröffnungsfeier den WM-Pokal erscheinen lassen dürfen.

Das war großartig, denn ich durfte, da ich ja üben musste, tagelang den Pokal in den Händen halten. Es waren aber immer Leibwächter für den Pokal da. Aber das tun zu dürfen, wovon jeder Fußballer der Welt träumt, ist speziell.

Der schlechteste Fußballer der Welt hatte den Pokal...

Genau! Der schlechteste Fußballer der Welt war sozusagen für ein paar Tage Weltmeister. Wenn das keine Magie ist, oder?

Welchen Trick könnten Sie einem Fußballer beibringen?

Keinen, ich kann nur einen Rat geben: das Hirn ganz in die Bälle zu stecken!

Wie meinen Sie das denn? Das Wort Ball wird ja für die verschiedensten Sachen und Körperteile benutzt...

Und jeder hat die Wahl, was er verstanden hat. So funktioniert die Welt der Illusion.

Bei Ihren Shows in Las Vegas hatten Sie bekanntlich schon das Vergnügen, Busenwunder Pamela Anderson als Assistentin zu gewinnen.

Sie ist absolut großartig, mit einem tollen Sinn für Humor. Pamela ist eine meiner besten Freundinnen überhaupt. Und auch sie ist ja für ihre Bälle weltbekannt.

Sie haben sich vor einigen Jahren als homosexuell geoutet. In der Welt des Fußballs ist das immer noch undenkbar. Verstehen Sie das?

Fußball ist eine Männerwelt. Es ist auch sicher in einem Teamsport schwieriger sich zu outen als wenn man, so wie ich, in einem Bereich aktiv ist, in dem man allein ist. Wir wissen ja, wie Männer sich in Gruppen benehmen. Da geistern dann die ganzen Klischees von der Dusche und der runter gefallenen Seife rum. Wenn man die Männer aber einzeln befragt, bin ich sicher, dass über 90 Prozent kein Problem mit einem schwulen Mitspieler hätten. Jeder kennt heute Homosexuelle. Befragt man aber eine Gruppe, wäre das Ergebnis vielleicht ein anderes. Ich bin mir sicher, dass es schwule Fußballer gibt. David Beckham hat doch Victoria nur zur Tarnung. Nein, Spaß beiseite! David ist nicht schwul! Aber so wie er rüberkommt, könnte er es sein. Er hat sicher eine ausgeprägtere feminine Ader als die meisten. Das zeigt sich an seinem Aussehen, wie er sich gibt, wie er sich kleidet. Aber eine feminine Seite heißt eben nicht, dass man schwul ist.

Zum Abschluss, die Frage, der Fragen: Wer holt den Titel?

Ich verrate Ihnen was: Ich habe keine Ahnung. Ich bin Magier, kein Wahrsager. Ich hoffe, Holland hat ganz viel Erfolg und ich wünsche den Deutschen auch viel Erfolg – aber eben etwas weniger als uns Holländern.

Interview: Matthias Kerber

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