U21-Auftaktspiel von Rassismus-Skandal überschattet – Youssoufa Moukoko: "Das ist ekelhaft"

München - "Das kann ich mir nicht mehr anhören", sagte die ältere Frau, stand einfach auf und setzte sich einen Restauranttisch weiter hin. Abstand als Zeichen von Anstand. Sie hatte genug von den ausländerfeindlichen Kommentaren, die zwei griesgrämige Sonneberger in einer Spiegel-TV-Reportage über die AfD-Hochburg vom Stapel ließen.
Youssoufa Moukoko kann nicht einfach aufstehen und den Tisch wechseln. Die griesgrämigen Sonneberger (Thüringen) sind gefühlt überall in seiner Lebenswelt, im Stadion wie auf seinen sozialen Plattformen. Und er ist auch der, über den die Rassisten sprechen: Der deutsche U21-Nationalspieler ist dunkelhäutig, seine Wurzeln liegen im Kamerun. Nach abermaligen Attacken in Folge des EM-Auftaktsspiels riss dem mitgenommenen Moukoko der Geduldsfaden.
Nach verschossenen Elfmetern: DFB-Stars rassistisch nach U21-Spiel beleidigt
"Wenn wir gewinnen, sind wir alle Deutsche. Wenn wir verlieren, dann kommen diese Affen-Kommentare, dann sind wir die Schwarzen", sagte Moukoko betroffen und berichtete, dass er und Jessic Ngankam entmenschlichende Botschaften erhalten hatten. Sie hatten gegen Israel im georgischen Kutaissi jeweils einen Elfmeter verschossen, die Partie endete 1:1.
Die Rassisten hatten ihre Sündenböcke auserkoren, schossen in den sozialen Netzwerken scharf auf die beiden deutschen Hoffnungsträger. "Wir verschießen nicht extra, sondern versuchen, der Mannschaft zu helfen", sagte Moukoko. "Wenn man solche Nachrichten bekommt, das ist ekelhaft. Das hat wehgetan." Schwarz-rot-Schande!
Rassistische Beleidigungen: DFB kündigt "strafrechtliche Schritte" an
"Solche Dinge gehören einfach nicht zum Fußball", meint Moukoko. Torhüter Noah Atubolu, der von ähnlichen Erfahrungen berichtete, meinte: "Ich verstehe nicht, wieso man heutzutage immer noch rassistisch ist. Die Jungs können nichts dafür, woher sie kommen. Sie haben sich entschieden, für Deutschland zu spielen, und geben das Beste für ihr Land."
Und U21-Trainer Antonio Di Salvo, der italienischen Hintergrund hat, befand: "Jede Art von Rassismus und Diskriminierung ist unterste Schublade, das geht überhaupt nicht." Er wolle nun seinen geknickten Schützlingen beistehen und vor dem zweiten Turnierspiel gegen Tschechien am Sonntag (18.00 Uhr MESZ/Sat.1) in Batumi wieder aufbauen. Auch Klubs und Verband, der "strafrechtliche Schritte" gegen die Täter ankündigte, solidarisierten sich. Doch erreicht es die Ewiggestrigen noch?
Es ist nicht die erste Rassismus-Debatte im Kreise der Nationalmannschaft. Der türkischstämmige Mesut Özil hatte sich vor Jahren schon ähnlich wie Moukoko geäußert und auch zum Karriereende war die Diskussion rund um die Akzeptanz von Spielern mit ausländischen Wurzeln wieder aufgekommen.
Immer wieder Rassismus-Skandale im Spitzenfußball
In anderen Ländern sind die Erfahrungen von Immigranten-Nachfahren ähnliche schmerzhafte. In Frankreich sagte Karim Benzema: "Treffe ich, bin ich Franzose. Treffe ich nicht, bin ich Araber." Die dunkelhäutigen Engländer Jadon Sancho, Marcus Rashford und Bukayo Saka wurden nach ihren vergebenen Elfern im EM-Finale 2021 beleidigt. In Spanien sorgten Verunglimpfungen gegenüber Real-Star Vinicius für eine große Debatte. In Italien dringen Herabwürdigungen wegen der Hautfarbe fast im Wochentakt durch die Stadien. Und so weiter.
Ist es also der Fußball an sich, der ein Problem hat? Oder ist es mit Blick auf andere Sportarten wie das Eishockey und Reportagen wie die aus Sonneberg vielleicht eher: die Welt? Restaurantwechsel, bitte!