"Trauern - und dann ab an den Strand"
Sportpsychologe Thomas Rtitthaler erklärt, wie die Spieler mit dem EM-Aus am besten umgehen sollten
AZ: Herr Ritthaler, Sie haben das Spiel am Donnerstag mitverfolgt – für die Spieler des FC Bayern war es nun schon die vierte bittere Pleite dieser. Was sollte man in solch einer Situation tun?
THOMAS RITTHALER: Zuerst einmal sollte man Platz schaffen für die Trauer und den Frust – sowohl die Spieler selbst, als auch das Umfeld. Dann wäre es sicher schlau, Abstand zu gewinnen. Vielleicht am Strand auf einem anderen Kontinent.
Also besser nicht das Finale anschauen?
Nein, ich denke nicht dass das eine gute Idee ist. Wichtig ist vielmehr: Neue Ziele zu setzen. Schlechte Erfahrungen werden erst dann relativiert, wenn man bessere macht.
Im Fall von Bastian Schweinsteiger oder Philipp Lahm kann das nur bedeuten: In der kommenden Saison die Meisterschaft zu gewinnen.
Ja – und warum nicht auch die Champions League.
Was wieder riesigen Druck erzeugt. Haben Sie Sorge, die beiden – und könnten an der vergangenen Saison und der EM zerbrechen?
Nein, überhaupt nicht. Ich sehe das als Weiterentwicklung – beide Spieler sind in den vergangenen Monaten sehr souverän aufgetreten. Sie müssen nur lernen zu akzeptieren: Wir haben alles versucht und ein gutes Turnier gespielt. Aber am Ende war Italien einfach ein Stück besser. Das stört mich im Moment bei manchen Analysen – einzusehen, dass Italien einen super Job gemacht hat.
Hat dem deutschen Spiel ein richtiger Chef wie Stefan Effenberg oder Matthias Sammer gefehlt?
Wer hätte diese Rolle denn übernehmen sollen? Das ist wie mit den Kindern: Klar wäre das total super, wenn sie mehr in den Wald gehen würden und dort toben würden, anstatt sich mit ihren Handys zu beschäftigen. Aber so wie die Gesellschaft an sich haben sich der Fußball und die Spieler in den vergangenen Jahren vollkommen verändert.