Trainerkarussell dreht sich langsam: Nur ein Viertel springt ab

Auf das ganz große Stühlerücken wird nach der Fußball-EM verzichtet. Lediglich bei vier Trainern der 16 Teilnehmer ist der Abschied beschlossene Sache.
von  sid

Auf das ganz große Stühlerücken wird nach der Fußball-EM verzichtet. Lediglich bei vier Trainern der 16 Teilnehmer ist der Abschied beschlossene Sache.

Warschau - Vier gehen, einer verhandelt, elf bleiben: Das Trainerkarussell dreht sich nach der Fußball-EM in Polen und der Ukraine nur langsam, die meisten Verbände setzen trotz teils großer Enttäuschungen auf Kontinuität. Den Polen Franciszek Smuda kostete das bittere Vorrunden-Aus im eigenen Land allerdings den Job, zudem erklärte Bondscoach Bert van Marwijk nach der historischen Pleite der Niederländer seinen Rücktritt. Waren nach der EM 2008 in Österreich und der Schweiz noch sieben Plätze frei geworden, stiegen inklusive van Marwijk diesmal bisher vier Trainer vom Karussell ab. Weitere sind nicht zu erwarten.

„Ich habe gezweifelt, aber dann doch beschlossen, diesen Schritt zu vollziehen“, sagte van Marwijk trotz seines bis 2016 laufenden Vertrags. Der ehemalige Dortmunder Bundesliga-Trainer hätte bis zur EM in vier Jahren in Frankreich Planungssicherheit gehabt. Dies kann nun nur noch der englische Teammanager Roy Hodgson von sich behaupten, der bei seinem Amtsantritt am 1. Mai ebenfalls bis 2016 unterzeichnete. Wie die Mehrzahl der Verantwortlichen besitzt auch Bundestrainer Joachim Löw ein gültiges Arbeitspapier bis zur WM 2014 in Brasilien.

„Joachim Löw ist für uns die Idealbesetzung als Bundestrainer, der es auch mit seiner menschlichen Art geschafft hat, Automatismen bei der Nationalmannschaft herbeizuführen. Er ist total souverän, geradlinig, transparent und offen. Selbst, wenn wir in der Vorrunde ausgeschieden wären, hätten wir mit Löw und seinem Team weitergearbeitet“, erklärte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. In einer Wohlfühl-Oase befindet sich auch der spanische Weltmeistertrainer Vicente del Bosque – trotz ständiger Taktik-Diskussionen. Kurz vor dem EM-Auftaktspiel gegen Italien verlängerte er seinen nach dem Turnier auslaufenden Vertrag um zwei Jahre.

„Es gibt ein großes Vertrauen auf beiden Seiten“, sagte del Bosque. Ohne Vertrag steht derzeit Laurent Blanc nach dem Viertelfinal-Aus der Franzosen da, der Weltmeister von 1998 verhandelt aber seit Donnerstag mit dem französischen Verband. Smudas Ende August auslaufender Vertrag wurde nach zwei Unentschieden und einer Niederlage bei der EM derweil nicht verlängert. Am 10. Juli will der polnische Verband einen Nachfolger präsentieren. Neben Smuda und van Marwijk war auch für Slaven Bilic bei Kroatien und Dick Advocaat bei Russland Schluss.

Ihr Abgang stand aber schon vor dem Turnier fest. Der Kroate Bilic wechselt zum russischen Erstligisten Lokomotive Moskau, Igor Stimac wird sein Nachfolger. Advocaat kehrt in seine niederländische Heimat zur PSV Eindhoven zurück. Ein neuer Coach wird noch gesucht. Der Italiener Cesare Prandelli wird trotz seines Vertrages bis 2014 heftig von Topklubs umworben. „Es ist normal, dass sich große Vereine für Prandelli interessieren, da er gut gearbeitet hat. Doch wir sind zuversichtlich, dass er seinen Vertrag erfüllt“, sagte Verbandspräsident Giancarlo Abete. Kritik wurde nach dem enttäuschenden Auftritt der Iren am Italiener Giovanni Trapattoni laut.

Doch der 73-Jährige stellte klar: „Ich habe die Leidenschaft, zu bleiben.“ Trotz einiger Angebote aus der Bundesliga will Morten Olsen die Dänen zur WM führen. Dies gilt auch für Erik Hamren, der mit Schweden in der WM-Qualifikation auf Deutschland trifft.

„Das war nicht Hamrens Schuld. Es gibt keinen Zweifel daran, dass er die schwedische Nationalmannschaft Richtung Rio und zur nächsten WM führen wird“, sagte Verbandspräsident Karl-Erik Nilsson nach dem Vorrunden-Aus. Paulo Bento (Portugal), Oleg Blochin (Ukraine), Michal Bilek (Tschechien) und Fernando Santos (Griechenland) haben ebenfalls einen sicheren Platz auf dem Karussell.

 

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