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Berlin
75.708 Zuschauer bildeten am Samstagabend im Berliner Olympiastadion beim DFB-Pokalfinale gegen den MSV Duisburg den imposanten Rahmen für das 199. und wohl letzte Spiel des Fußball-Nationaltorwarts für Schalke 04. Auch wenn die Königsblauen auf ihrer Champions-League-Reise in dieser Saison in Europas berühmtesten Arenen antraten – der Traditionsklub ist nach 20 Jahren für den Weltklasse-Keeper zu klein geworden. „Dieser Verein ist ein Stück Heimat für mich und wird es ganz sicher bleiben“, sagte der 25-Jährige, dessen Wechsel im Sommer zu Bayern München so gut wie sicher ist. Er werde Schalke immer in seinem Herzen tragen, versicherte er – und ließ an seinem Abschied keinen Zweifel.
Längst haben sich beide Klubs in den Verhandlungen weitgehend geeinigt. Von „Schalker Mondpreisen“ reden die Bayern längst nicht mehr, die Gelsenkirchener wiederholen die einst mit einem Schmunzeln genannten 100 Millionen nicht mehr. 18 Millionen Euro soll der Festpreis betragen, bis zu sieben Millionen sollen als Erfolgsprämien hinzukommen. Dass Trainer Ralf Rangnick am Tag vor dem Cupfinale noch einmal die Möglichkeit eines Verbleibs des Torhüters ins Gespräch brachte, dürfte nicht mehr als ein Ablenkungsmanöver gewesen sein.
„Ich wäre mir nicht so sicher, ob Manuel wirklich sein letztes Spiel macht“, sagte der Schalker Coach. Alle Beobachter sind sich einig: Nach dem Pokalfinale wird der Wechsel offiziell über die Bühne gehen. Die Hängepartie, die sich schon durch die gesamte Saison zog, wird dann ein Ende haben. Und damit auch die Zeit, in der der Ur-Schalker, der als Vierjähriger dem Klub beitrat, ständig mit diesem Thema konfrontiert wird. Seit Neuer vor vier Wochen erklärte, er werde seinen 2012 auslaufenden Vertrag nicht verlängern, schlitterte Schalke von einer Niederlage zur nächsten. 16 Tore kassierte der Nationaltorwart in sechs Spielen, ein ums andere Mal wirkte er nicht mehr so souverän wie zuvor. „Er ist auch nur ein Mensch. Man hat gemerkt, was alles auf ihn einprasselt“, sagte Rangnick. Und auch Neuer selbst gab zu, dass ihn vor allem die Reaktionen der Fans beschäftigten. „Pfiffe tun immer weh, weil ich immer alles für diesen Verein gegeben habe“, sagte er der Sport-Bild. „Ich habe niemanden verraten, ich habe keinen angelogen oder ein Versprechen gebrochen. Das würde ich nie tun, da ich Schalke liebe.“ Mit seiner Liebe hat er seit seiner Beförderung zur Nummer eins 2006 viel erlebt.
Er hat die Meisterschale vor Augen gehabt und sie noch verloren, er hat in der Champions League Weltklassestürmer zur Verzweiflung getrieben, er ist zum besten Torwart Deutschlands gereift, mit dem in der Fußball-Welt nur wenige mithalten können. Vor allem ist er, der früher in der Nordkurve als Fan mit den legendären Euro-Fightern, den Vier-Minuten-Meistern, den Pokalsiegern von 2001 und 2002 feierte und litt, für Schalke zu groß geworden.
Der Klub, der seit 1958 seiner achten Meisterschaft hinterher hechelt, hat sich nach dem misslungenen Experiment Felix Magath von der nationalen Spitze und erst recht von den ganz Großen im internationalen Geschäft wieder weiter entfernt. Die Ansprüche seines Vorzeigeprofis, der sich Jahr für Jahr mit den Besten seiner Zunft messen möchte, kann Schalke nicht erfüllen. In München sehen sie ihn schon als neuen Oliver Kahn. Er sehe bei Neuer „dieses Bayern-Gen, unbedingt gewinnen zu wollen“, sagte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge dem Münchner Merkur und sprach von einer Personalie, die er nicht auf drei, vier Jahre sehe, „sondern auf eine Dekade“.
Kahn sei, als er zum Rekordmeister kam, noch nicht Nationaltorwart gewesen. „Rein vom Alter her ist Manuel vielleicht schon ein Stück weiter als damals Oliver. Er trägt das Prädikat Weltklasse schon jetzt zu Recht.“
SID