Testlauf oder Rückschritt: Trotzig auf der Baustelle
Löw erkennt nach dem 0:1 Probleme im Teamund kündigt dennoch „eine gute WM“ an. Das Spiel hat die Problemstellen offengelegt. Die Mannschaft wirkte wie eine etwas zu grüne U-Auswahl. Der AZ-Check.
MÜNCHEN Die Partie gegen Argentinien war mehr als nur ein Spiel – mit der Betonung auf „ein“. Eher zwei in einem. Immerhin hat es nicht zwei Niederlagen gegeben für Bundestrainer Joachim Löw, irgendwie kam wenigstens ein Unentschieden dabei heraus.
Betrachtet man den letzten Test vor der Benennung des vorläufigen, 35 Mann umfassenden WM-Kaders (11. Mai) als Ernstfall, dann war dieses 0:1 gegen Argentinien ein Reinfall, ein Rückschritt.
Sieht man die Partie aber als Testlauf, bei dem Löw mit neuer Aufgabenverteilung im Mittelfeld sowie den Debütanten Thomas Müller und Toni Kroos experimentieren durfte, war’s ein Gewinn.
Das Spiel hat die Problemstellen offengelegt. Die Mannschaft wirkte wie eine etwas zu grüne U-Auswahl, verstärkt durch den Kapitän Ballack sowie die Mittlerweile-Routiniers Lahm, Mertesacker, Schweinsteiger und Klose. Daher gab Löw nach dem 0:1 auch zu, „dass es noch die eine oder andere Baustelle in jedem Mannschaftsteil gibt“.
TOR
René Adler, erst zwei Tage vorher zur Nummer eins gekürt, sah sehr unglücklich aus beim Gegentreffer durch Higuain (45.). Doch Löw unterbrach jede Diskussion resolut und erklärte diese Baustelle für geschlossen: „An René hat es sicher nicht gelegen. Es wird keine neue Torwartdiskussion geben.“ Immerhin. Eine Linie.
ABWEHR
Per Mertesacker ist als Boss gesetzt, doch Serdar Tasci ein Wackelkandidat. Heiko Westermann, derzeit verletzt, ist zu bieder. Arne Friedrich sollte nur im Notfall drankommen. Warum sollte nicht Bayerns Aufsteiger Holger Badstuber noch kurzfristig in den WM-Kader rutschen? Sein Vorteil: Er ist Linksfuß, davon hat Löw wenige. Links verteidigt bisher Philipp Lahm, rechts der noch unbedarfte Jerome Boateng, da Alternativen Mangelware sind.
MITTELFELD
Michael Ballack und Bastian Schweinsteiger sind nun ein Paar – vor der Abwehr. Es kann funktionieren, braucht aber noch (Einspiel-) Zeit, die kommt erst mit den drei Testspielen im Mai/Juni. „Wir haben teilweise keine Lösung gefunden, uns zu langsam nach vorne bewegt“, kritisierte Ballack ein Spiel mit „angezogener Handbremse“. Auf den Außenbahnen dagegen ist das Angebot groß: Die Neulinge Müller und Kroos, dazu Podolski, Trochowski und Marin. Gegen Argentinien zeigte sich, dass Spielmacher Mesut Özil bei konsequenter Bearbeitung durch den Gegner kaum am Spiel teilnimmt.
ANGRIFF
Ob Miro Klose oder in der zweiten Hälfte Mario Gomez – es fehlte die Durchschlagskraft, einzig Cacau verströmte Power und Gefahr. „Wir müssen die Detailabstimmung verbessern“, forderte Löw, „wir müssen unser mutiges und schnelles Spiel wiederfinden.“ Er wirkte trotzig, als er sagte: „Wir werden eine gute WM in Südafrika spielen.“
Momentan sind sie leistungsmäßig eher noch: Out of Africa. ps