Tahiti: Die unglaublichen 1:6-Gewinner

Tahiti feiert beim Confed Cup trotz einer Klatsche gegen Nigeria – und erobert weltweit die Fan-Herzen.
von  az

Belo Horizonte - Und dann wurde Jonathan Tehau womöglich ein wenig übermütig. "Jetzt will ich Profi werden", sagte der schmächtige Mann mit den dunklen Haaren, der gerade Geschichte geschrieben hatte.

Mit seinem Tor für Tahiti hatte der 25-Jährige für den ersten magischen Moment dieses Confed Cups in Brasilien gesorgt. Dass Tahiti das Spiel gegen Nigeria 1:6 verloren hatte? Dass der Mannschaft beim nächsten Spiel gegen Spanien am Donnerstag gar ein historisches Debakel mit zweistelliger Gegentorgefahr droht? Geschenkt! Tahiti hat ein Tor geschossen!

Und Tehau, im richtigen Leben Lieferwagenfahrer in Papeete, ist der erste Held des Turniers. Tehaus Kopfball zum 1:3 in der 54. Minute machte die Verlierer zu Gewinnern. "Es ist für uns wie ein Sieg", sagte Marama Vahirua, der einzige Profi beim Sensations-Teilnehmer und amtierenden Ozeanien-Meister.

Die märchenhafte Geschichte der Tankwarte und Strandverkäufer aus Polynesien, die ihre Kontinentalmeisterschaft sensationell gewinnen konnten, fand in Belo Horizonte ihre Fortsetzung. "Ich war heute sehr stolz auf das Verhalten meiner Spieler", sagte Trainer Eddy Etaeta, der selbst nie hochklassig Fußball spielte, für seine Akteure ein Ersatzvater ist und Dad genannt wird.

In Tahiti wurde erstmals von großen Teilen der Bevölkerung ein Fußballspiel geschaut, berichtete Etaeta. Sogar eine Kabinettssitzung sei unterbrochen worden, hieß es. Bei Facebook wurden nicht nur zahlreiche Glückwünsche, sondern auch ein Video von Tehaus jubelnder Familie gepostet.

Und im Stadion waren die Fans ohnehin auf der Seite der Verlierer. "Ta-hi-ti" hallte es immer wieder durchs Rund. Selbst die Nigerianer applaudierten den glücklichen Verlierern. "Wir hätten auch zu ihnen gehalten, wenn wir nicht gegen sie gespielt hätten", sagte Torwart Vincent Enyeama.

Bootsrennen im Meer sind eigentlich der Nationalsport im Südpazifik. Eine Hommage daran war der Team-Torjubel: ein kollektiver Paddelschlag.

Tahiti spielte, weil es stolz und glücklich macht, spielen zu dürfen. Das spürten die Fans und feierten am Montag die Amateure vom anderen Ende der Welt, als seien es ihre schon lange bewunderten Idole.

"Ich war überrascht und glücklich über die Unterstützung", sagte Etaeta, der aber auch weiß, dass es für Tahiti gegen Welt- und Europameister Spanien richtig schwer wird. "Da müssen wir Angst haben", sagte er, fügte aber verschmitzt hinzu: "Die Spanier sind ja nicht hierhergekommen, um uns zu demütigen." Geht auch gar nicht.

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