Stürmischer Beginn: Doppelschicht vor Pokalabend

ROM - Nach einer stürmischen ersten Nacht in Sizilien zog Joachim Löw die geplante Doppelschicht mit seiner WM-Vorhut auch bei Wind und Regen durch.
Urlaubsgefühle konnten beim ungemütlichen Wetter-Mix mit wenigen Sonnenstrahlen im luxuriösen Strand-Resort der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nur bedingt aufkommen, zumal der Bundestrainer vor dem gemeinsamen TV-Pokal-Abend auch noch einen Ausdauerlauf ansetzte.
«Wir wollen hier seriös arbeiten», sagte Löws Assistent Hansi Flick nach der ersten Übungseinheit am Vormittag, bei der in drei Gruppen ebenfalls an der körperlichen Fitness gearbeitet worden war. Mit einem lockeren Spruch hatte Löw bereits in seiner Begrüßungsansprache das Motto für seine zunächst nur 15 Akteure sowie deren Frauen und Kinder während des gemeinsamen Insel-Aufenthaltes vorgegeben. «Damit die Männer den Frauen nicht ganz so sehr auf die Nerven gehen, werden wir jeden Tag zweimal trainieren», scherzte der Leiter der deutschen WM-Mission.
Für die Partnerinnen der Spieler stand am ersten Tag Yoga auf dem Animationsprogramm. Im 230 Hektar großen Verdura Golf & Spa Resort, das über einen 1,8 Kilometer langen Privatstrand verfügt, fehlt es der rund 60-köpfigen Reisegruppe des DFB an nichts. «Es wird versucht, jeden Wunsch zu erfüllen», sagte Flick. Dafür ist alles da, etwa zwei 18-Loch-Golfplätze, Swimming-Pools und ein 4000 Quadratmeter großer Spa-Bereich. Eine Players Lounge hat der DFB außerdem eingerichtet. Und auch ein Fußball-Platz ist extra neu angelegt worden in der weitläufigen Anlage.
Vom sizilianischen Karneval in der 40 000 Einwohner zählenden Kleinstadt Sciacca, die als Narren-Hochburg auf der Mittelmeer-Insel gilt, ist die DFB-Delegation in ihrer abgeschiedenen Hotel-Anlage dagegen eher abgeschnitten. Eintauchen ins nächtliche Treiben werden der Kölner «Prinz» Lukas Podolski und seine Kollegen wohl kaum.
Das Regenerations-Camp mit Familienanschluss sei als «Schleuse von der Bundesliga zur WM» gedacht, erläuterte Flick. «Die Spieler sollen die Köpfe von der Bundesliga freibekommen, aber trotzdem intensiv arbeiten.» Und das bessere private Kennenlernen gerade auch der Spieler-Frauen soll den Teamgeist stärken, betonte Löws Assistent.
In der ersten Vorbereitungsphase auf die Weltmeisterschaft in Südafrika stehen einmal mehr die 2004 von Jürgen Klinsmann geholten US-Fitness-Coaches im Fokus. Mark Verstegen von «Athletes Porformance» sprach von einer «hohen Verantwortung» für den deutschen WM-Erfolg. Sein Fitness-Kollege Shad Forsythe bedankte sich für die guten Vorleistungen der Bundesliga und sprach von «einer aufregenden Entwicklung». 2004 hätten gerade einmal zwei Bundesliga-Vereine spezielle Fitness-Coaches beschäftigt, inzwischen sei das Standard.
Ein neues System («micoach») bringen sie auf Sizilien zum Einsatz: Wie bei einem Navigationssystem erhält der Spieler über einen Knopf im Ohr von einer weiblichen Stimme Anweisungen beim Laufen, die sich aus aktuellen Belastungswerten und den gewünschten Vorgaben ergeben. «Für jeden gibt es ein individuelles Programm», berichtete Forsythe.
Ohne eine Superfitness gehe bei der WM nichts, betont Löw immer wieder. Trotzdem soll auch schon in Sizilien parallel in fußballerischen Bereichen gearbeitet werden. Zweikampf-Schulung ist ein großes Thema, speziell für die Verteidiger, aber auch die Angreifer: «Wir wollen kein Foulspiel machen, auch beim Pressing. Darum gilt das für alle», sagte Flick.
Nach und nach werden gruppen- und mannschaftstaktische Übungen immer mehr in den Vordergrund treten. Am 17. Mai sollen die vier Bremer Pokalfinalisten sowie Kapitän Michael Ballack anreisen, dann fehlen «nur» noch die sieben Bayern-Akteure. «Dieses Mal ist es wirklich extrem, dass einige Spieler eine ganze Zeit später kommen. Das ist sicherlich nicht optimal für die Vorbereitung», bemerkte der turniererfahrene Berliner Arne Friedrich. Den «Feinschliff», sagte Flick, werde man darum erst in Südtirol in Angriff nehmen können.
In Berlin hat DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach erstmals eine Frist in der Bundestrainer-Frage genannt. «14 Tage nach WM-Schluss brauchen wir Klarheit», erklärte Niersbach. Bereits für den 11. August ist ein Freundschaftsspiel gegen Dänemark in Kopenhagen vereinbart. Bundestrainer Joachim Löw hatte noch vor Beginn der WM-Vorbereitung, die derzeit in Sizilien läuft, zu seiner beruflichen Zukunft gesagt: «Es ist alles offen.» Niersbach betonte jetzt nochmals: «Es gibt keinen Plan B.» (dpa)