„Stümperhaft!“
WASHINGTON Eins steht nach dem wilden 3:4 der Nationalmannschaft gegen die Auswahl der USA fest: Der zweite Anzug sitzt nicht. Im Prestigeduell zum 100. Geburtstag des US-Fußballverbandes hat Jürgen Klinsmann seinem Nachfolger Joachim Löw eine folgenlose, aber dennoch empfindliche Niederlage beigebracht. „Man hat gesehen, dass die USA noch in einem Wettbewerb sind. Sie waren in einigen Situationen giftiger“, meinte Löw, „wir hatten zu viele Fehler in der Abwehr.“ Teammanager Oliver Bierhoff sagte: „Bei uns spürte man, dass einige Spieler am Ende der Saison platt waren. Wir haben das eine oder andere Geschenk verteilt.“
Erst in der Endphase der Partie fand das DFB-Team die nötige Einstellung und Konsequenz. Durch Tore von Heiko Westermann (52.), Max Kruse (79.) und Julian Draxler (81.) gelang es, die Niederlage in Grenzen zu halten. Durch kapitale Abwehrschnitzer waren die Gäste in Rückstand geraten. Jozy Altidore (13.), Marc-Andre ter Stegen (16.) per Eigentor und Clint Dempsey (60./64.) schossen den dritten US-Sieg im neunten Vergleich gegen Deutschland heraus.
„Das ist nicht der Abschluss, den wir uns vorgestellt haben. Wir sind froh, dass wir nicht 1:4 untergegangen sind, das wäre eine Blamage gewesen. Aber auch das 3:4 ist für unsere Ansprüche zu wenig“, sagte Max Kruse, der in seinem zweiten Länderspiel zu den Aktivposten zählte. Löw bescheinigte dem künftigen Gladbacher, sich „klasse eingefügt zu haben“.
Vier Tage nach dem beeindruckenden Auftritt gegen Ecuador bot das erneut zusammengewürfelte deutsche Team beim letzten Auftritt der Saison über weite Strecken Urlaubsfußball. Das Spiel gegen die hochmotivierten Amerikaner litt vor allem darunter, dass es dem Team nicht gelang, die nötige Spannung aufzubauen. Miroslav Klose, der die Elf in seinem 127. Länderspiel als Kapitän aufs Feld führte, mühte sich vergeblich um sein 68. Tor im DFB-Trikot, mit dem er den Rekord von Gerd Müller eingestellt hätte.
Dem Gladbacher ter Stegen klebte auch im dritten Länderspiel das Pech an den Torwarthandschuhen. Nachdem er schon im Vorjahr gegen die Schweiz und Argentinien insgesamt acht Gegentore hatte hinnehmen müssen, gab er auch in Washington eine unglückliche Figur ab, konnte einen harmlosen Rückpass von Benedikt Höwedes nicht kontrollieren und lenkte den Ball zum Entsetzen von Trainer und Mitspielern ins eigene Tor. „Es ist bitter für einen so jungen Torhüter, wenn er einen solchen Fehler macht“, sagte Löw. Auch Kollege Lukas Podolski tröstete: „So ein Fehler weirft ihn nicht um.“
Aber auch ter Stegens Vorderleute waren nicht immer im Bilde und kamen häufig einen Schritt zu spät. Der Schalker Benedikt Höwedes meinte nach der Partie selbstkritisch: „Wir haben am Ende zwar eine tolle Moral bewiesen, aber stümnperhaft verteidigt.“
Mit Lars und Sven Bender lief erstmals seit Helmut und Erwin Kremers 1974 wieder ein Zwillingspaar in der Startelf auf. Die Benders standen zuletzt 2009 gemeinsam in der Startelf - beim TSV 1860 München. Aber das ist eine andere Geschichte.
Und Jürgen Klinsmann? Freute sich, „dass diese Begegnung überhaupt zustande kam. Es war ein schönes Fußballfest und für uns Gelegenheit zu zeigen, dass wir wachsen und in die Top Ten kommen wollen, wo Deutschland ja schon so lange ist“.