Stolperstein oder machbarer Gegner – so gefährlich ist Dänemark

Deutschlands Achtelfinalgegner löst im Teamquartier der DFB-Elf in Herzogenaurach keine Glücksgefühle aus – aber auch keine Panik. Sportdirektor und Chef-Optimist Rudi Völler: "Wir sind gewappnet."
von  Patrick Strasser
Dänemark trifft im EM-Achtelfinale auf Deutschland.
Dänemark trifft im EM-Achtelfinale auf Deutschland. © IMAGO / Newscom / GDA

Herzogenaurach - Dem einen Rudi Völler kann man nicht böse sein – unmöglich. Sein typisches Augenzwinkern, sein verschmitztes Lächeln, sein Lieblingswort "wunderbar", das er so schön dehnt, die weißen Löckchen sowieso.

Der 64-Jährige war schon alles beim DFB. Als Spieler, zum Ende seiner aktiven Zeit als Kapitän, machte er 90 Länderspiele, erzielte 47 Tore, wurde Weltmeister. Als Nationalelf-Teamchef führte er Ballack, Kahn & Co. in der Rumpelfüßer-Ära 2002 zum Vizeweltmeister. Mittlerweile ist er DFB-Sportdirektor, eine Art Vaterfigur für Bundestrainer Julian Nagelsmann. Rudi kann alles. Erst im September, als Hansi Flick nach dem 1:4 im Testspiel gegen Japan entlassen wurde, sorgte er als einmalig eingesprungener Interims-Coach für das 2:1 gegen Frankreich. Ein Lichtblick im ach so trüben DFB-Herbst.

Völler: "Es macht mir Spaß mit dieser einmaligen Gruppe"

In diesen Tagen hat Völler im Grunde nichts zu tun - und er ist froh drum. "Ich mag es nicht, mich in den Vordergrund zu spielen", sagte er am Mittwochnachmittag im DFB-Quartier in Herzogenaurach, "das mache ich nur, wenn ich das Gefühl habe, ich muss irgendwelche Brände löschen. Die gab es bisher nicht." Der Völlerlöscher bleibt unangetastet. Alles harmonisch nach dem souveränen Achtelfinal-Einzug. Also trinkt Völler Kaffee, viel Kaffee. "Mal mit Thomas, mal mit Manuel", also mit Müller und Neuer, den alten Recken. Er spürt seine Mannschaft. "Es macht mir Spaß mit dieser einmaligen Gruppe. Es würde mich freuen, wenn sie sich für diesen Teamspirit belohnen mit einer sehr guten Europameisterschaft."

Am Samstag soll der nächste Schritt erfolgen. Gegen "Danish Dusel" - von wegen Danish Dynamite. Der nächste Gegner der deutschen Nationalmannschaft kam lediglich durch ein Kuriosum ins Achtelfinale.

Am Abend der beiden torlosen Spiele in Gruppe D entschied eine Gelbe Karte weniger in der Fairnesstabelle dieser EM darüber, ob Dänemark oder Slowenien (je drei Remis und durch das 0:0 in München in der Endtabelle punkt- und torgleich) als Zweiter oder Dritter weiterkamen.

Und so fordert Dänemark am Samstagabend in Dortmund (21 Uhr, ZDF, MagentaTV und im AZ-Liveticker) den Gastgeber dieser EM heraus. Muss man sich vor Dänen fürchten?

Bei der EM 2021 stand Dänemark noch im Halbfinale

"Ein brandgefährlicher Gegner, das wissen wir", sagte Völler und erklärte: "Die Dänen sind eine sehr körperbetonte, robuste Mannschaft, die es jedem Gegner schwer macht, Chancen zu kreieren. Sie sind unheimlich kopfballstark bei Standardsituationen, tun sich aber teilweise schwer, selber Tore zu erzielen. Das ist eine gute Mannschaft, aber wir wollen natürlich ins Viertelfinale." Chefoptimist Völler: "Wir sind gewappnet!"

Trotz der anstehenden Prüfung gegen den großen Nachbarn freuen sich die Dänen, bei der EM 2021 noch Halbfinalist, auf das DFB-Team. "Jetzt in Dortmund gegen den Gastgeber - es könnte nicht besser sein, ich kann es kaum erwarten", sagte Coach Kasper Hjulmand, seit Sommer 2020 im Amt und in der Saison 2014/15 Trainer des FSV Mainz. Der 52-Jährige weiter: "Deutschland ist ein großes Team, gehört zu absoluten Favoriten - und gegen die zeigen auch wir unsere Stärke. Wir Dänen mögen solche Spiele."

1992 wurden sie in Schweden durch ein 2:0 im Finale gegen Deutschland Europameister. Für die Endrunde unterbrachen sie mal eben ihren Urlaub - als Nachrücker für Jugoslawien, das wegen des Krieges auf dem Balkan kurzfristig ausgeschlossen wurde.

Dänemark-Star sieht Deutschland "verwundbar"

Innenverteidiger Jannik Vestergaard, einst bei Werder Bremen und Borussia Mönchengladbach, meinte, die Deutschen seien "eine gute Mannschaft, aber auch verwundbar, wenn man sie richtig bespielt. Alles ist machbar. Ich glaube, die Schweiz hat das auch gerade gezeigt." Mit einer Portion Realismus fügte er hinzu: "Wir brauchen eine Top-Leistung und vielleicht darf Deutschland sein Top-Niveau nicht erreichen."

Angesichts von Underdog Dänemark an ein mögliches Viertelfinale gegen Spanien zu denken, wäre laut Völler verfrüht. "Wir tun alle gut daran, optimistisch zu sein und fokussiert zu bleiben. Erstmal: Achtelfinale!" Sprach's und verabschiedete sich mit "Danke, Männer!" Neben ihm stand DFB-Pressesprecherin Franziska Wülle ebenfalls auf, da beugte sich Völler noch mal zum Mikrofon und nuschelte hinein: "Oder Mädels auch!" Ach, der Rudi - der darf alles.

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