Spanien auf Rekord-Jagd - Ribéry kämpft um Coach

Hamburg (dpa) - Der Fußball-Europameister brilliert, der WM-Sieger stagniert und der Vize-Weltmeister riskiert den Kopf seines Trainers:
Während EM-Champion Spanien auch unter dem neuen Coach Vicente del Bosque beim 3:0 in Estland seine nun schon zwei Jahre haltende Serie der Unbesiegbarkeit auf 26 Länderspiele ausbaute, verlor Italien unter Weltmeister-Trainer Marcello Lippi beim 0:0 in Bulgarien den ersten Punkt in der Ausscheidung für die WM 2010 in Südafrika. Und der WM-Zweite Frankreich büßte beim 2:2 in Rumänien erneut zwei wertvolle Zähler ein, bewies aber große Moral und holte vor allem dank Rückkehrer und Torschütze Franck Ribéry einen 0:2-Rückstand auf.
«Wir haben für uns, aber auch für Domenech gespielt, und hoffen, dass er auch in Zukunft unser Coach ist», bezog Ribéry klar Stellung. Nach dem frühen 0:2 (17.) leitete der lange verletzte Mittelfeldstar von Bayern München bei seinem Länderspiel-Comeback den Umschwung ein (36.), ehe Yoann Gourcuff per 35-Meter-Knaller (69.) einen Zähler und damit eventuell auch Domenechs Job rettete. «Domenech kommt von weit her zurück. Er dürfte seinen Posten behalten», meinte «Le Parisien». «Nach dem Spiel ist nicht alle Hoffnung für ihn verloren», schrieb «L'Alsace» über den Coach. Dessen «wichtigstes Spiel» finde am 15.Oktober statt, wenn der Fußball-Verband FFF über seine Zukunft entscheidet.
Derartige Sorgen haben Lippi und del Bosque nicht. Die Italiener verpassten ohne den erst spät (73.) eingewechselten Luca Toni Tore in Bulgarien, führen aber die Gruppe 8 mit 7 Zählern an. Noch souveräner marschiert Spanien durch: Juanito, David Villa und Carles Puyol zementierten mit ihren Toren die Top-Stellung in Gruppe 5. «Die von del Bosque geerbte Mannschaft ist die Lokomotive des Kontinents, und Estland sitzt in den hinteren Waggons», brachte «El Mundo» das Geschehen auf den Punkt. Einen weiteren Landesrekord steuerten die Torhüter Iker Casillas und Vertreter Pepe Reina bei: Seit dem 14. Juni und 710 Minuten sind sie ohne Gegentor. Die bisherige Bestmarke hielten Andoni Zubizarreta/Franciso Buyo (692 Minuten) seit 1992/93.
Für die deutschen Trainer gab es Licht und Schatten. Während Berti Vogts mit Aserbaidschan nach dem 0:1 in Finnland fast schon aus dem Rennen ist und Bernd Storck mit Kasachstan in England 1:5 unter die Räder kam, feierten Otto Rehhagels Griechen (3:0 gegen Moldawien) und Ottmar Hitzfelds Schweizer (2:1 gegen Lettland) vor ihrem Duell am Mittwoch in Athen Heimsiege. Obwohl die Griechen (9) ihre Führung in der Gruppe 2 vor Israel (7) und der Schweiz (4) behielten, warnte Rehhagel eindringlich: «Nun kommen die Spiele gegen die Schweiz und Israel. Das sind die eigentlichen Gegner für die Qualifikation.»
Weitaus euphorischer waren nach Toren durch Nürnbergs Angelos Charisteas (2) und Kosta Katsouranis Griechenlands Sportblätter. «Exedra» glaubt: «Mit einem Sieg gegen die Schweiz sind wir mit anderthalb Beinen in Südafrika.» Und «Sportday» befand: «Die Reise nach Südafrika scheint ein Spaziergang zu werden.» Hitzfeld aber will nach dem Arbeitssieg durch Tore des Dortmunders Alexander Frei und des Ex-Mainzers Blaise N'Kufo die Wiedergutmachung für die Heimpleite gegen Luxemburg in Athen abrunden. «Der Sieg ist ein erster Schritt, aber kein Grund, jetzt euphorisch zu sein. Wir müssen nachlegen.»
Dagegen holte den anderen diesjährigen EM-Gastgeber aus Österreich sein Färöer-Trauma ein. 18 Jahre nach der legendären 0:1-Schlappe in Landskrona kam das Austria-Team bei den in 21 Partien in Serie seit Oktober 2004 besiegten Färingern nur zu einem kaum weniger peinlichen 1:1. «Das Spiel haut uns um drei Jahre zurück. Wenn wir jetzt auch noch gegen Serbien verlieren, geht es nur noch um die Goldene Ananas», befand Rekord-Nationalspieler Andreas Herzog.
Dänemark (3:0 über Malta), Polen (2:1 über Tschechien) und Serbien (3:0 über Litauen) haben in ihren Gruppen die Pole Position inne. Neben den Niederlanden (2:0 gegen Island) verteidigte England durch das 5:1 gegen die Kasachen ihre Führung. Für den meisten Jubel sorgte einmal mehr Altstar David Beckham, der dank seiner Einwechslung (79.) zu seinem 106. Länderspiel kam und mit Legende Sir Bobby Charlton als Nummer 3 in der Ewigen Bestenliste gleichzog. Nur Peter Shilton (125) und Bobby Moore (108) kommen auf mehr Einsätze für das Mutterland.