Spätstarter Wagner: Deshalb ist er "unterschätzt"

Gegen San Marino trifft der spätberufene Stürmer gleich dreimal. „Ich denke, ich wurde immer ein bisschen unterschätzt, was das Technische angeht“, s
von  Patrick Strasser
Die Wagner-Festspielen in Nürnberg: Der Stürmer trifft in seinem zweiten Länderspiel gleich drei Mal.
Die Wagner-Festspielen in Nürnberg: Der Stürmer trifft in seinem zweiten Länderspiel gleich drei Mal. © dpa

Gegen San Marino trifft der spätberufene Stürmer gleich dreimal. „Ich denke, ich wurde immer ein bisschen unterschätzt, was das Technische angeht“, sagt er. Joachim Löw lobt: „Er hat Persönlichkeit“

Nürnberg - Am Ende eines Tages, auf den Sandro Wagner nach eigenen Angaben 29 Jahre gewartet hatte, löste er auch die letzte ihm gestellte Aufgabe mit Souveränität und Lässigkeit. Ein Kurzinterview in der Mixed Zone des Nürnberger Stadions – nein, nicht auf Fränkisch, auf Englisch gegenüber dem mexikanischen Fernsehen „TV Azteka“. Er sagte: „I am a striker, I want to score goals.“ Hatte er.

Drei an der Zahl beim 7:0 in der WM-Qualifikation gegen San Marino, in seinem zweiten Länderspiel. Klare Ansage, höfliche Verabschiedung. Und ab nach München, in seine Heimatstadt, zu seiner Frau Denise und den Kindern Luca-Marie und Hugo. Zwei Tage frei. Kurze Unterbrechung seines gelebten Traumes, seines Abenteuers aus der Abteilung „Es ist nie zu spät“.

Der Spätberufene, im November wird er 30, hat es geschafft. Doch die Lebenstraumerfüllung soll nur ein Etappenziel für den Mittelstürmer der TSG Hoffenheim sein. „Es gab natürlich ein bisschen Druck. Jeder hat erwartet, dass man ein Tor schießt“, sagte Wagner. Der Mann, dessen Selbstvertrauen bis in jeden seiner 194 Zentimeter Körpergröße reicht. Einmal hatte er sich als den „mit Abstand besten deutschen Stürmer“ bezeichnet.

Nach dem Dreierpack (16., 29., 85.) von Nürnberg, darunter ein cleverer Abstauber und zwei sehenswerte Kopfbälle, einer samt veritabler Flugeinlage, blieb Wagner am Boden: „Ich kann das schon einschätzen, es war – bei allem Respekt vor San Marino – nicht gegen England oder Italien.“ Und in Abwesenheit von Mario Gomez. Mit ihm habe er „einen guten Stürmer vor mir, mit einer tollen Vita. Er hat eine tolle Saison gespielt.“ Ein bisschen Demut. Wo er doch sonst oft etwas hochmütig, weil zu selbstbewusst daherkam in seiner Karriere. Auch in Nürnberg blitzte diese Seite in ihm auf. „Ich denke, ich wurde immer ein bisschen unterschätzt, was das Technische angeht.“

Auf sein Profidebüt beim FC Bayern im August 2007, als er 19 war, folgte ein Karriereknick. Die Konkurrenz in München war zu groß, Wagner wechselte einen Sommer später zum Zweitligisten MSV Duisburg. 2009 wurde er mit den U21-Junioren Europameister. Und das nicht nur an der Seite von Neuer, Hummels, Boateng, Höwedes, Khedira und Özil – nein, im Finale gegen England (4:0) erzielte Wagner zwei Treffer. Dennoch folgte eine lange Reise, nächster Halt mal Ober-, mal Unterhaus. Werder Bremen, 1. FC Kaiserslautern, Hertha BSC, Darmstadt 98 und seit Juli 2016 Hoffenheim. In den letzten beiden Bundesliga-Spielzeiten erzielte er 25 Tore. Und ist nun angekommen. Bei Löw. In der A-Nationalelf. Nach acht Jahren.

„Wagner hat eine unheimliche Wucht und ist nicht immer einfach zu verteidigen“, meinte der Bundestrainer, „er hat Persönlichkeit und ist positiv innerhalb der Mannschaft.“ Wagner nahm den Ball auf wie die Vorlagen von Joshua Kimmich („Robert Lewandowski kann sich freuen, wenn Kimmich rechts spielt. Bei den Flanken macht er zehn Tore mehr. Ehrlich.“) und verwandelte die Löw-Vorlage: „Das ist der Beginn einer Liebesbeziehung.“ Und dann, ernster: „Jogi Löw hat mich mit seiner Persönlichkeit sehr beeindruckt. Ich mag es, einen Menschen kennenzulernen, der etwas ausstrahlt.“ Nächster Treffer. Wahre Wagner-Festspiele.

Die in Russland bei der WM-Generalprobe mit der Auftaktpartie der DFB-Elf am 19. Juni gegen Australien weitergehen sollen. „Ich genieße die Zeit und freue mich auf den Confed Cup, den ich sehr ernst nehme“, sagte Wagner. Er will sich als Alternative beweisen und die Tür für die WM 2018 offen halten. „Ich muss mich auf meine Leistung konzentrieren. Wenn ich ab jetzt keine Tore mehr für Hoffenheim mache, dann nominiert mich nicht einmal San Marino.“ Vorsicht mit solchen Spitzen! Frag’ nach bei Thomas Müller.

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