Sollen schwule Profis schweigen?

Fan-Forscher rät homosexuellen Kickern dringend ab, sich in der Öffentlichkeit zu outen.
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„Fußball ist alles – auch schwul“: Das Thema wird – wie hier bei einer Demo in Köln – diskutiert.
dpa „Fußball ist alles – auch schwul“: Das Thema wird – wie hier bei einer Demo in Köln – diskutiert.

Fan-Forscher rät homosexuellen Kickern dringend ab, sich in der Öffentlichkeit zu outen.

FRANKURT/BERLIN DFB-Präsident Theo Zwanziger gilt mithin als bescheidener Mann. Einen Wunsch (neben dem WM-Titel vielleicht) hätte er aber doch. Zwanziger findet, es ist an der Zeit, dass ein Fußballprofi in Deutschland öffentlich zugibt, schwul zu sein. Er hat versprochen: „Der organisierte Fußball würde ein Coming-Out abfedern, helfen und dazu beitragen, dass das zu einem ganz normalen Gesprächsgegenstand wird.“

Das mag manchem vernünftig vorkommen, anderen wiederum weltfremd. Der renommierte Sportsoziologe Gunter A. Pilz jedenfalls rät homosexuellen Profis – von denen es, statistisch gesehen, etliche geben müsste – von einem Coming-Out dringend ab: „Die Konsequenzen wären glasklar: Der Fußballer sähe sich einem Spießrutenlauf ausgesetzt“, sagte Pilz der „Sächsischen Zeitung.“

Pilz gehört zur Ethik-Expertenkommission der Uefa und findet es gut, dass Zwanziger gegen die Homophobie im Fußball ankämpft. Aber dieser Gegner erscheint ihm derzeit (noch) zu mächtig. Pilz sagt: „Die Bereitschaft seitens der Fans, solche Dinge für Beschimpfungen auszunutzen, ist viel zu hoch. Alles andere sind Wunschträume und Gefühlsduseleien.“

Der Fußball sei stark von männlichen Wertvorstellungen geprägt, denen das Klischee über Homosexuelle widerspreche. „Wir leben in einer Beschimpfungskultur. Und was nutzt man, um andere zu beschimpfen? Ihre Schwächen! Schwulsein würde als eine solche wahrgenommen werden", meint Pilz, der für einen bekennenden Schwulen Probleme im eigenen Team prophezeit: „Dass derjenige es selbst in der eigenen Mannschaft und im Verein schwer haben würde, halte ich für sehr realistisch.“

Auch DFB-Boss Zwanziger sind inzwischen solche Bedenken gekommen. Er sagt: „Ich muss respektieren, dass ein Spieler in solch einer Lebenssituation nicht den Weg über die Öffentlichkeit sucht. Vor allem im Männerfußball ist ein Gefüge vorhanden, wo ein Spieler, der diesen Schritt öffentlich vollzieht, in eine benachteiligte Situation kommen könnte. Deshalb sollte man nicht baggern oder betteln, dass ein Outing passiert.“

In tragischer Erinnerung ist der Fall von Justinus Fashanu, der sich 1990 als erster Profi in England öffentlich outete. Der Sohn nigerianischer Einwanderer wurde bei seinem Klub Nottingham Forest von Trainer Brian Clough deswegen gemobbt und vor versammelter Mannschaft als „verdammte Schwuchtel“ beschimpft. 1998 nahm sich der frühere englische U21-Nationalspieler das Leben, als er der Vergewaltigung eines 17 Jahre alten Jungens beschuldigt wurde.

In seinem Abschiedsbrief stand: „Schwul und eine Person des öffentlichen Lebens zu sein, ist hart. Ich will sagen, dass ich den Jungen nicht vergewaltigt habe. Ich fühlte, dass ich wegen meiner Homosexualität kein faires Verfahren bekommen würde.“

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