So ätzte ein beleidigter Ronaldo gegen die Isländer

Saint-Étienne - Cristiano Ronaldo benahm sich bockig wie ein Fünfjähriger. Statt die Schuld am blamablen EM-Auftakt bei sich und seinen Mitspielern zu suchen, mäkelte Portugals Superstar mit funkelnden Brillis im Ohr und goldenem Kopfhörer um den Hals an den isländischen Fußballhelden herum. "Die haben gar keinen Fußball gespielt. Sie haben nur verteidigt, verteidigt, verteidigt. So werden sie hier nichts reißen!" Haben sie aber schon. Gegen die Diva Ronaldo.
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Die Enttäuschung darüber saß tief, und irgendwie war Ronaldos Einschätzung zum 1:1 (1:0) gegen den EM-Debütanten ja auch nachvollziehbar. Der Kapitän der Portugiesen hatte alles getan, gemotzt, gekämpft, aus allen Lagen geschossen - aber eben nicht getroffen. "Wir haben unser Bestes gegeben. Es ist aber sehr frustrierend, wenn nur eine Mannschaft gewinnen will", schimpfte Ronaldo. Sein abschließendes Urteil über die tapferen Isländer: "Ihre Einstellung zeugt von sehr geringer Mentalität."
Die war den Nordmännern aber nun wirklich nicht abzusprechen. Dass der Außenseiter dem selbst ernannten Titelanwärter keinen Kampf mit offenem Visier liefern, sondern "den Bus vor dem Tor parken" würde (Ronaldo), hatte sicher auch CR7 geahnt.
"Spanien oder Frankreich", stellte er selbst ja richtig fest, "haben ihre ersten Begegnungen auch nur mit Mühe gewonnen." Aber: Anders als Portugal taten sie es trotz Kampf und Krampf zumindest. "Der Frust ist deshalb sehr groß", gestand Ronaldo.
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Seine Mannschaftskollegen hielten sich nicht lange mit dem enttäuschenden Start auf. Nani beispielsweise, dessen Führung (31.) unmittelbar nach der Halbzeitpause von Islands Birkir Bjarnason (50.) egalisiert worden war, forderte: "Wir müssen das Positive aus dem Spiel ziehen und nach vorne blicken. Ich erinnere gerne an gute Turniere, bei denen wir auch schlecht gestartet sind."
Beim Spiel gegen Österreich unter Druck
Bei den Endrunden 2012 und 2004 waren die Portugiesen im ersten Spiel ebenfalls ohne Sieg geblieben, sie kassierten sogar Niederlagen. Die K.o.-Runde, die bei 24 Teilnehmern Pflicht ist, wurde dennoch mühelos erreicht. "Wir können noch immer Europameister werden!", titelte in der Heimat O Jogo trotz der "erfrorenen Euphorie" (Correiho de Manha).
Am kommenden Samstag (21.00 Uhr/ARD) ist im zweiten Gruppenspiel in Paris ein Sieg aber nun Voraussetzung, der Gegner wird Österreich sein. "Jeder dachte, dass beide Teams das erste Spiel gewinnen. Manchmal laufen die Dinge im Leben aber nicht wie erwartet", sagte Portugals Trainer Fernando Santos. Österreich hat zum Auftakt gegen Ungarn 0:2 verloren - gute Voraussetzungen also für ein "Top-Spiel".
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"Das erste Spiel ist immer kompliziert. Eine Enttäuschung zum Auftakt kann motivieren, und ich bin sicher, dass wir zurückschlagen werden", sagte Santos. Dann könnte sicher auch Ronaldo wieder lachen - ganz egal, wie der Gegner spielt.