Sinkender DFB-Dampfer? Darum tut sich Nagelsmann den Bundestrainerjob an

München - Jetzt ist es offiziell: Julian Nagelsmann (36) wird neuer Bundestrainer. Damit ist klar, dass der FC Bayern den gebürtigen Landsberger nun endlich von der Gehaltsliste streichen kann. Sieben Millionen Euro kassierte Nagelsmann zuletzt noch beim Rekordmeister. Beim DFB hingegen wird es deutlich weniger sein.
Nagelsmann verdient beim DFB deutlich weniger als beim FC Bayern
Pro Monat soll der Nachfolger von Hansi Flick (58) rund 400.000 Euro bekommen. Auch wenn der Rekordmeister Nagelsmann wohl eine Ausgleichszahlung von einmalig einer bis eineinhalb Millionen Euro zahlt, bekommt er weniger als beim FC Bayern.
Doch warum tut sich Nagelsmann den Job als Bundestrainer dann überhaupt an, obwohl er in den vergangen Monaten gleich mehrere lukrative Angebote von Top-Klubs auf dem Tisch liegen hatte? Der Hauptgrund für das Engagement beim kriselnden DFB war wohl die Europameisterschaft im eigenen Land. Das betonte Nagelsmann auch auf seiner Antrittspressekonferenz.

Heim-EM ist ein "extremer Anreiz" für Nagelsmann
"Das Ziel im Sommer eine sehr gute Heim-EM zu spielen, ist ein extremer Anreiz für mich. Es ist eine große Herausforderung", so der Ex-Bayern-Coach. Gleichzeitig hat Nagelsmann nichts zu verlieren, zumal sein Vertrag zunächst nur bis nach der EM läuft. Grund: Seine Vorgänger schafften es in den letzten Jahren nicht, die Nationalmannschaft auf Vordermann zu bringen.
Ganz im Gegenteil. Nach dem Sieg bei der WM 2014 ging es rapide bergab für den damaligen Bundestrainer Joachim Löw (63). Erst die Klatsche bei der WM 2018, als man als Gruppenletzter schon früh die Heimreise antreten musste, zwei Jahre später dann das enttäuschende EM-Aus im Achtelfinale gegen England (0:2), das zugleich das letzte Spiel von Löw war.
Messlatte für Nagelsmann ist vergleichsweise niedrig
Der Weltmeister-Coach entschied sich dafür, das Zepter abzugeben. Hansi Fick (58), Bayerns Sixtuple-Coach, sollte den DFB-Dampfer wieder auf Titel-Kurs bringen. Doch was mit Siegen bei dem WM-Qualifikation begann, endete in einem WM-Desaster. Zum zweiten Mal in Folge musste der DFB-Tross schon nach der Gruppenphase die Heimreise antreten. Der traurige Höhepunkt dann vor wenigen Wochen: Nach einer 1:4-Klatsche gegen Japan wurde Flick als erster Bundestrainer entlassen. Dementsprechend niedrig ist die Messlatte für Nagelsmann. Auch wenn es der Anspruch des DFB natürlich sein muss, bei der Heim-EM möglichst weit zu kommen.
Ein weiterer Punkt, der den 36-Jährigen wohl das Amt beim DFB schmackhaft machte, ist das Renommee. Trotz der Krisenjahre ist der Job des Bundestrainers nach wie vor eine große Ehre und wird automatisch mit großen Trainern in Verbindung gebracht. So reiht sich Nagelsmann mit seinem neuen Job beim DFB in die Riege von glorreichen Trainern wie Sepp Herberger, Franz Beckenbauer und Berti Vogts ein.

Nagelsmann wird zweitjüngster Trainer beim DFB
Und das mit zarten 36 Jahren. Damit schreibt Nagelsmann DFB-Geschichte. Nur Otto Nerz (zwischen 1926 und 1936 Reichstrainer) war mit 34 Jahren jünger, als er das Amt antrat. Die Vorzeichen könnten also deutlich schlechter sein. Einen genauen Plan wie er den sinkenden DFB-Dampfer wieder bis zur EM in rund neun Monaten auf Vordermann bringen will, hat er schon.
"Die Headline wäre: Gesunde Aggressivität. Das gilt für das Spiel gegen den Ball und für eigenen Ballbesitz", erklärte Nagelsmann. Dabei dürfen sich die Fans wieder auf einen attraktiven Fußball freuen, betonte der neue Bundestrainer. Ob die Handschrift des ehemaligen Bayern-Trainers schon in seinen ersten beiden Länderspielen Anfang Oktober gegen die USA und Mexiko zu sehen ist, wird sich zeigen.