Schweizer Behörden ermitteln gegen FIFA-Präsident Joseph S. Blatter!
Zürich - Joseph S. Blatter ist am Ende, die Festung FIFA scheint zu fallen: Die Schweizer Justiz ermittelt nun auch gegen den einst allmächtigen FIFA-Präsidenten und hat zudem den UEFA-Chef Michel Platini wegen einer fragwürdigen Überweisung vernommen. Das teilte die Bundesanwaltschaft am Freitag mit. Blatter wurde verhört, sein Büro durchsucht.
Im Korruptionsskandal wird der Schweizer (79) damit erstmals auch persönlich für die kriminellen Machenschaften in seinem Imperium juristisch zur Verantwortung gezogen. Eine Fortsetzung seiner Präsidentschaft bis zum geplanten Abtrittstermin 26. Februar 2016 erscheint undenkbar. Die Folgen für den Franzosen Platini, der als "Auskunftsperson" angehört wurde, und dessen Kandidatur für Blatters Nachfolge sind noch nicht abzusehen.
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"Die Bundesanwaltschaft der Schweiz hat gegen den Präsidenten der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) ein Strafverfahren wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie - eventualiter - wegen Veruntreuung eröffnet", teilte die Schweizer Bundesanwaltschaft in Sachen Blatter mit und gab mehrere Vorwürfe an.
Es bestehe der Verdacht, dass Blatter im September 2005 mit der Karibischen Fußball-Union (CFU) einen für die FIFA ungünstigen Vertrag abgeschlossen habe. Zudem soll er bei der Umsetzung des Vertrages "in Verletzung seiner Treuepflichten gegen die Interessen der FIFA" verstoßen und 2011 eine "treuwidrige Zahlung" an Platini geleistet haben. Die Höhe: Zwei Millionen Schweizer Franken.
Blatter wurde am Freitag von Vertretern der Bundesanwaltschaft der Schweiz im Anschluss an die Sitzung der FIFA-Exekutive in Zürich als Beschuldigter einvernommen. Platini wurde gleichzeitig als Zeuge befragt. Die Bundesanwaltschaft führte zudem mit Unterstützung der Bundeskriminalpolizei (BKP) eine Hausdurchsuchung bei der FIFA in Zürich durch. Dabei wurde auch das Büro des FIFA-Präsidenten durchsucht und Datenmaterial sichergestellt.
Die Absage, die um 14.50 die Presse erreichte, kam völlig überraschend. Zuvor hatte der Weltverband die Fragerunde um eine Stunde verschoben - und die gut 15 Kamerateams weiter vom Eingang des Hauptgebäudes weg gebeten.
Der Generalsekretär Valcke war in der vergangenen Woche unter dem Verdacht der persönlichen Bereicherung beim Verkauf von WM-Tickets suspendiert worden. Über seinen Anwalt hatte der Franzose alle Anschuldigungen vehement zurückweisen lassen.
"Es ist ein laufendes Verfahren, hier gilt die Unschuldsvermutung", sagte Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der auch an der Exekutiv-Sitzung am Freitag teilnahm: "Das war nur ganz kurz ein Thema, in dem er (Blatter, d. Red.) herausgestellt hat, dass Valcke als Generalsekretär vorübergehend von seinen Pflichten entbunden ist. Es sind keine weiteren Details gesagt worden."
Keine großen Fortschritte wurden auch für die Ethikkommission erzielt, die weiterhin zum Stillschweigen verpflichtet ist. Das Exko erklärte am Freitag zwar "grundsätzlich" seine Unterstützung, den entsprechenden Artikel 36 im Ethikcode zu lockern - das Gremium gab den Fall zur "Beratung" aber an die FIFA-Kommission für rechtliche Angelegenheiten weiter.
Wegen dieses Abschnitts im Ethikcode ist es den unabhängigen Ermittlern bislang verboten, zu laufenden Verfahren oder nicht rechtskräftigen Entscheidungen Stellung zu nehmen. Die Kommission mit dem deutschen Richter Hans-Joachim Eckert, der der rechtsprechenden Kammer vorsitzt, hatte zuletzt vehement eine Lockerung des Artikels 36 gefordert. Eine Entscheidung wird nun erst bei der nächsten Sitzung des Exkos im Dezembers fallen - sofern die FIFA überhaupt handlungsfähig sein wird, was mehr als fraglich ist.
Die Pressemitteilung der Bundesanwaltschaft im Wortlaut
"BERN, 25.09.2015 --- Die Bundesanwaltschaft der Schweiz hat gegen den Präsidenten der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) ein Strafverfahren wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie - eventualiter - wegen Veruntreuung eröffnet.
Das Verfahren der Bundesanwaltschaft gegen Joseph Blatter wurde am 24. September 2015 eröffnet wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 StGB) und - eventualiter - wegen Veruntreuung (Art. 138 StGB).
Es besteht dabei einerseits der Verdacht, dass Joseph Blatter am 12. September 2005 mit der CARIBBEAN FOOTBALL UNION (deren Präsident Jack Warner war) einen für die Fédération Internationale de Football Association (FIFA) ungünstigen Vertrag abgeschlossen hat. Andererseits besteht der Verdacht, dass Joseph Blatter auch bei der Umsetzung des Vertrages in Verletzung seiner Treuepflichten gegen die Interessen der FIFA resp. der FIFA Marketing und TV AG verstossen hat.
Zudem wird Joseph Blatter eine treuwidrige Zahlung von CHF 2 Mio. im Februar 2011 an Michel Platini, Präsident der Union of European Football Associations (UEFA), zu Lasten der FIFA vorgeworfen, angeblich für die zwischen Januar 1999 und Juni 2002 geleisteten Dienste.
Joseph Blatter wurde am 25. September 2015 von Vertretern der Bundesanwaltschaft der Schweiz im Anschluss an eine Sitzung des Exekutiv Komitees der FIFA als Beschuldigter einvernommen. Michel Platini wurde gleichzeitig als Auskunftsperson (Art. 178 StPO) von Vertretern der Bundesanwaltschaft einvernommen. Die Bundesanwaltschaft führte zudem am 25. September 2015 mit Unterstützung der Bundeskriminalpolizei (BKP) eine Hausdurchsuchung bei der FIFA in Zürich durch. Dabei wurde auch das Büro des FIFA-Präsidenten durchsucht und Datenmaterial sichergestellt. Für den Präsidenten der FIFA, Joseph Blatter, gilt wie für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung."
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