Schwarz-rot-goldenes Chamäleon: Was die DFB-Frauen so stark macht

Das DFB-Team hat auch sein drittes EM-Gruppenspiel gegen Finnland souverän gewonnen. Dabei zeigt sich: Die Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit ist Deutschlands großer Trumpf in diesem Turnier.
von  Victoria Kunzmann
Ein Team mit schier unbegrenzten Möglichkeiten: Linda Dallmann (v.l.), Nicole Anyomi, Alexandra Popp, Giulia Gwinn, Sara Doorsoun, Keeperin Merle Frohms und Jule Brand.
Ein Team mit schier unbegrenzten Möglichkeiten: Linda Dallmann (v.l.), Nicole Anyomi, Alexandra Popp, Giulia Gwinn, Sara Doorsoun, Keeperin Merle Frohms und Jule Brand. © picture alliance/dpa

Merle Frohms muss schrecklich langweilig gewesen sein in den letzten beiden Wochen. Wieder kein Gegentor, wie auch in den beiden Spielen zuvor. Zum ersten Mal seit 17 Jahren überstand Deutschland die komplette Gruppenphase ohne Gegentor.

Deutschland ist Gruppenerster

Dafür hat die Mannschaft das eigene Torkonto aufgefüllt. Neun zu null Tore, Gruppenerster. Die deutsche Mannschaft entwickelt sich zu einem handfesten Turnierfavoriten, auch der letzte Gruppengegner Finnland bekam das zu spüren. Jetzt wartet Österreich im Viertelfinale (Donnerstag, 21 Uhr).

Ein souveräner Arbeitssieg

Beim 3:0 nahm das Team von Martina Voss-Tecklenburg zwar ein wenig Power und Kreativität heraus, brachte es aber dennoch zu einem souveränen Arbeitssieg. "Es war ein hartes Stück Arbeit", gab Kapitänin Alexandra Popp im ZDF zu. "Wir hatten viele klare Chancen, aber die Kräfte haben ein bisschen nachgelassen - es sei der Mannschaft verziehen." Wann, wenn nicht nach dieser Gruppenphase?!

Die Bundestrainerin ist zufrieden

Auch die Bundestrainerin war zufrieden. "Wir haben es seriös gelöst", drückte "MVT" es aus, auch, wenn es nicht brillant gewesen sei. Ein brillantes Spiel war aber auch nicht nötig - zumal die Mannschaft personell angeschlagen war. Wieder einmal hat es Voss-Tecklenburg geschafft, ihre Mannschaft an die Bedingungen anzupassen, wieder einmal war es ihr mit Bravour gelungen.

Anpassungsfähig wie ein Chamäleon

Es ist, als würde sie ein Chamäleon schaffen, extrem clever, extrem anpassungsfähig. Ein Wesen, das sich verteidigen kann, aber auch in den Angriffsmodus schaltet, wenn es einen Feind aufspürt. Die letzten drei Feinde - Dänemark, Spanien, Finnland - hat das schwarz-rot-goldene Chamäleon erfolgreich in die Flucht geschlagen. Revier behauptet.

Die Ersatzspielerinnen brillierten

Gegen Finnland war Voss-Tecklenburg gezwungen, die Mannschaft umzubauen. Lea Schüller war noch immer coronapositiv, Lina Magull war mit Oberschenkelproblemen angeschlagen, Lena Oberdorf und Felicitas Rauch fehlten gelbgesperrt. Von einer vermeintlichen B-Elf war aber nicht zu sprechen, im Gegenteil.

Linda Dallmann, die für Magull die Spielkontrolle behielt, lieferte eine so herausragende Leistung ab, dass sie als Spielerin des Spiels ausgezeichnet wurde - und das, obwohl sie nur 45 Minuten auf dem Platz stand. Lena Lattwein startete für Oberdorf, ergänzte sich prächtig mit Däbritz und Dallmann und wäre fast Torschützin des ersten Treffers geworden. Den machte dafür Sophia Kleinherne rein, die ihr Startelf-Debüt gab - und ihr erstes DFB-Tor lieferte.

Die Kapitänin ist jetzt schon Dreifachtorschützin

Rechtsverteidigerin Giulia Gwinn mit präziser Flanke in die Mitte, wo die 22-Jährige genau richtig stand und ins Tor köpfte. Dreifachtorschützin darf sich inzwischen Kapitänin Popp nennen, die erneut für Schüller startete und sogar durchspielte. In der Innenverteidigung startete Sara Doorsoun für Cathy Hendrich, die dann in der zweiten Hälfte Marina Hegering ersetzte. Und Gwinn machte Platz für Nicole Anyomi, die ihr EM-Debüt ebenfalls veredelte.

Keine Spur von Personalsorgen

Personalsorgen hat MVT keineswegs: Alle 20 Feldspielerinnen haben Einsatzzeit bekommen und sich für mehr empfohlen. Gegner Finnland hatte es dem DFB-Team jedoch auch nicht allzu schwer gemacht: Die Finninnen verteidigten engagiert und konzentriert, doch die DFB-Elf spürte, dass sie diese Einseitigkeit ausnutzen musste. Sie übernahm Spielkontrolle, das zeigte sich durch 33:1 Torschüsse, 63 Prozent Ballbesitz und fast doppelt so viel gespielte Pässe als Finnland.

"Wir haben eine enorme Leistungsdichte im Kader"

Anders als im Spiel gegen Spanien, als die Gegnerinnen versuchten, der DFB-Elf mit Laufbereitschaft und Passspiel ihren Stil überzustülpen. Beide Male reagierte Deutschland und passte seine Strategie an. Beide Male mit Erfolg. "Wir haben eine enorme Leistungsdichte im Kader, das spricht für uns", nannte Torschützin Sophia Kleinherne als Grund für den bisherigen Erfolg in allen drei Spielen.

Auch Popp spricht von "neuem Wind, neuer Energie, neuem Elan", der von den Einwechselspielerinnen aus ging. "Wenn sie so funktionieren, dann sind wir sehr, sehr gut aufgestellt für die kommenden Spiele."

 

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