Schaust du noch – oder kaufst du schon?
60 Profiklubs, darunter auch der FC Bayern, haben Späher zur U21-EM nach Schweden entsandt.Bei der Partie Deutschland gegen Finnland steht vor allem Bremens Talent Mesut Özil im Visier
GÖTEBORG Nach Schweden zum Einkaufen? Für Europas Spitzenklubs dieser Tage ganz normal. Sie entsenden ihre Scouts und Späher zur U21-EM. Denn während millionenschwere Weltstars wie Brasiliens Kaka oder Spaniens Torres beim Confed-Cup in Südafrika antreten, spielt in Skandinavien die Zukunft des europäischen Fußballs. So wird heute beim zweiten Auftritt des DFB-Nachwuchsteams gegen Finnland (18.15 Uhr, ZDF live) Bremens junger Spielmacher Mesut Özil im Visier stehen. An ihm sollen Manchester United und Juventus Turin interessiert sein.
Doch auch für die 18 Bundesligisten – jeder Klub hat mindestens einen Vertreter entsandt – sind die Nachwuchstitelkämpfe sehr interessant. So ist für den FC Bayern nicht nur Chefscout Wolfgang Dremmler vor Ort, sondern natürlich auch Björn Andersson, der Schwede vom FC Bayern Junior Team. Und auch der Deutsche Meister spioniert vor Ort. „Die U 21-EM ist für uns perspektivisch wichtiger als der Confed Cup“, erklärt Jürgen Marbach, der Geschäftsführer des VfL Wolfsburg. Die Wölfe haben neben Scouting-Boss Uli Mohr noch weitere Mitarbeiter nach Schweden geschickt. Auch Markus Babbel, dem Teamchef des VfB Stuttgart, dürfte es gelegen kommen, dass der DFB seinen aktuellen Trainer-Lehrgang – der Ex-Bayer erwirbt bekanntlich aktuell seine A-Lizenz – komplett nach Schweden geschickt hat.
„Das gehört sicherlich zur Pflicht der Vereine, dieses Turnier zu beobachten und zu verfolgen“, sagt auch Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff. Frei nach dem Motto: Schaust du noch – oder kaufst du schon? „Es ist auch wichtig, die Entwicklung des Spielers zu sehen. Wenn man ihn jetzt bei der U21 sieht und will ihn vielleicht in vier Jahren verpflichten, dann hilft das“, glaubt Bierhoff.
Topaktuell hingegen ist das Interesse des Hamburger SV an einem in mitteleuropäischen Breiten bislang weitgehend unbekannten Akteur. Laut „Hamburger Abendblatt“ ist eine vom neuen Cheftrainer Bruno Labbadia angeführte Delegation vor allem nach Schweden gereist, um den Kapitän des heutigen DFB-Gegners Finnland zu beobachten: Tim Sparv vom schwedischen Topklub Halmstads BK. Labbadia soll den 22-Jährigen im Teamhotel kontaktiert haben. „In erster Linie ist Bruno Labbadia in Schweden live dabei, um sich unsere Spieler anzuschauen und sie besser kennen zu lernen“, sagt Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer. „Zusätzlich hat er eine Liste mit interessanten Spielern dabei, die er sich anschauen wird.“
Es geht also nicht ausschließlich darum, in diesem Sommer noch ein preisgünstiges Schnäppchen zu machen, sondern darum, Informationen für spätere Entscheidungen zu sammeln und die Spieler- Datenbanken aufzufüllen.
U21-Coach Horst Hrubesch ist die ganze Spioniererei unterdessen herzlich egal. Er will mit seinem Team einfach nur gewinnen. oh