Schalke erinnert an 1997: Nun gegen Ajax Amsterdam
Mönchengladbach/Nyon - Markus Weinzierl legte nach der hoch emotionalen Fußball-Nacht in Mönchengladbach seine bajuwarische Zurückhaltung endgültig ab.
Nach dem Abpfiff raste der 42 Jahre alte Trainer auf den Rasen und herzte jeden Schalker, der ihm in die Arme lief. Und während die Fans der Königsblauen auf der Tribüne im Borussia-Park die Europa-Cup-Hymne ("Wir schlugen Roda ...") immer wieder anstimmten, verbreitete die Mannschaft bereits die ersten Jubel-Fotos aus der Kabine in den sozialen Medien.
"Es war ein super Fußball-Abend. Ich bin unglaublich stolz auf die Mannschaft, weil sie große Moral bewiesen hat. Da sind viele Mannschaften tot, wenn sie hier 0:2 zurückliegen", lobte Weinzierl, der nun auf eine erfolgreiche Fortsetzung in den Viertelfinalspielen am 13. und 20. April hofft. Unmöglich ist das nicht, denn der Gegner in der Runde der letzten Acht ist Ajax Amsterdam.
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Wie die Auslosung am Freitag in Nyon ergab, hat Schalke im Rückspiel Heimrecht. Der überragende Nationalspieler Leon Goretzka, der seine Elf mit dem kuriosen 1:2-Anschlusstreffer in der 54. Minute (der Ball sprang unglücklich vor Borussen-Torwart Yann Sommer auf) wieder ins Spiel gebracht hatte, hält alles für möglich: "Es hat sehr viel Spaß gemacht. Nun wollen in der Europa League weiter für Furore sorgen."
Den entscheidenden Ausgleich erzielte Nabil Bentaleb (68.) mit einem umstrittenen Elfmeter, nachdem dem Gladbacher Mahmoud Dahoud der Ball im Strafraum an den Oberarm geköpft worden war. Einer der Kabinen-Schnappschüsse zeigte, wie die Spieler stolz und fröhlich einen Schal in die Höhe recken, den sie kurz zuvor von einem Fan geschenkt bekommen hatten. "Eurofighter - UEFA-Cup-Sieger '97", stand darauf.
Und tatsächlich erinnert spätestens mit dem schwer erkämpften 2:2 im Achtelfinal-Rückspiel (1:1 im Hinspiel) beim Bundesliga-Rivalen am Donnerstag vieles an die wundersame Reise durch Europa vor 20 Jahren, die mit dem geschichtsträchtigen Titelgewinn am 21. Mai 1997 im Mailänder San-Siro-Stadion endete.
An diesem 21. Mai feiern die Schalker ihr Jubiläum mit einem historischen Spiel der seinerzeit von Schalkes Jahrhunderttrainer Huub Stevens zum größten Vereinserfolg geführten "Eurofighter" um Olaf Thon und Co. gegen eine internationale Auswahl der damaligen Gegner. Und es würde das Schalker Glück perfekt machen, wenn die Nachfolgegeneration um Kapitän Benedikt Höwedes drei Tage später in Solna (Stockholm) das Europa-League-Finale bestreiten würde und die Chance auf ein Déjà-vu hätte.
"So wollen wir weitermachen"
Als Gewinner des kleinen Europa-Wettbewerbs wäre die Weinzierl-Elf sogar noch für die Champions League in der kommenden Spielzeit qualifiziert, was wiederum Finanzvorstand Peter Peters sehr freuen würde. Es gibt weitere Parallelen: Seinerzeit lief es in der Bundesliga wie in dieser Saison für die Revierelf auch nicht berauschend, und keiner traute dem Team internationalen Siege zu. Schalke schloss die Meisterschaft damals nur auf dem 12. Platz ab.
Derzeit stehen die Knappen auf Rang elf und haben nur geringe Chancen, sich über die Bundesliga erneut für Europa zu qualifizieren. Doch bis zum Finale ist es ein weiter Weg. Zunächst rückte am Freitag wieder der Liga-Alltag mit der Rückkehr von Schalkes Sportvorstand Christian Heidel zum FSV Mainz 05 am Sonntag (15:30 Uhr) in den Fokus. "Das ist wieder ein wichtiges Spiel. Aber dieser Sieg gibt uns Auftrieb und weiteres Selbstbewusstsein für die kommenden Wochen. So wollen wir weitermachen", sagte Weinzierl.
Höwedes hatte sein Team in der Halbzeit in Mönchengladbach mit dem Hinweis auf den FC Barcelona und den drei Treffern von Messi und Co. innerhalb weniger Minuten in der Champions League gegen Paris Saint-Germain motiviert. Der Weckruf kam an und der Weltmeister war stolz auf seine Kollegen: "In einer so schwierigen Saison ist dieser Sieg ein sehr schöne Gefühl. Jetzt blicken wir positiv nach vorn."