Schalke: Ein Abend zum Vergessen
Frustration auf Schalke: In Überzahl verspielen sie den Sieg gegen Montpellier, Draxler verletzt sich und Huub Stevens bekommt den „Stinkefinger“ vom Gästetrainer gezeigt
Gelsenkirchen - Ihre Antileistung gegen nur zehn Gegenspieler fanden die Schalker Spieler selbst abgrundtief dämlich, die Fans stiegen vor Ärger auf die Barrikaden und verschreckten damit ihre Mannschaft, mit Julian Draxler lag der beste Spieler mit einem Unterarmbruch in der Nähe des Handgelenks schwer verletzt im Krankenhaus, und ein „Stinkefinger“-Eklat von Trainer Rene Girard gegen den Kollegen Huub Stevens belastete die deutsch-französische Fußball-Freundschaft. Das 2:2 (1:1) gegen Montpellier HSC wurde aus Sicht des FC Schalke 04 zu einem völlig missratenen Abend. Aus jeder Fuge der Arena in Gelsenkirchen quoll nach dem ersten Heimspiel in der Champions League die üble Laune.
„Das ist sehr bitter und ärgerlich. Es fühlt es sich erneut wie eine Niederlage an“, sagte Klaas-Jan Huntelaar und jeder Anflug von Freude war aus dem Gesicht des meist sehr gut gelaunten Holländers gewichen. Das Remis gegen den französischen Meister, der als klarer Außenseiter angereist war, durch einen Gegentreffer in der 90. Minute war für die Schalker das vierte Frusterlebnis in Serie. Wie in Düsseldorf am Freitag, als dem Aufsteiger nach einer 2:0-Führung ein 2:2 geschenkt wurde, ließen die Westfalen gegen den nur durchschnittlichen Tabellen-Dreizehnten der Ligue 1 leichtfertig zwei Punkte liegen. Dies als „dämlich“ zu bezeichnen, sei mehr als erlaubt, bestätigten Manager Horst Heldt und Kapitän Benedikt Höwedes.
Nur phasenweise lief es wirklich gut, der wunderbar aufspielende Jung-Nationalspieler Draxler hatte ein schönes Tor zum 1:1 erzielt (26.). Nach dem Platzverweis von Garry Bocaly (52.), der Draxler mit einem Elfmeterfoul ins Krankenhaus befördert hatte, spielten die Schalker klar überlegen und vergaben mehrfach ein mögliches Tor zum 3:1. Die besten Chancen ergaben sich unmittelbar vor dem 2:2-Ausgleich von Souleymane Camara. Zum zweiten Mal nach dem 0:1 durch Karim Ait-Fana (13.) wurde Schalke-Torwart Lars Unnerstall mit einem Schuss außerhalb des Strafraums überwunden.
Zwtl.: Unnerstall wird zum Mobbing-Opfer der eigenen Fans
Die Atmosphäre vor 50.000 Zuschauern hatte am Ende kritische Züge angenommen. Aus dem vorangegangenen Raunen der Fans waren Pfiffe und fordernde Rufe geworden, endlich diese furchtbare Arroganz in den eigenen Aktionen abzulegen. „Das ist verunsichernd“, klagte Höwedes. Unnerstall reagierte fast verschreckt nach dem empörten Gebrüll in den Schlussminuten. Als sich das Team verabschieden wollte, war kaum noch jemand da. Die Fans – fast unglaublich für die Schalker Szene - wendeten sich ab.
Die Mannschaft beschädigte nach dem 2:1 in Piräus ihre gute Ausgangsposition in der Gruppe vor den beiden Spielen gegen den Favoriten FC Arsenal. Nach den Duellen, zuerst in zwei Wochen in London, dann zu Hause, ist es gut möglich, dass Schalkes Perspektiven auf den Achtelfinaleinzug stark gesunken sind.
Hässliche Szenen spielten sich am Spielfeldrand ab. Stevens und Montpellier-Coach Girard stritten sich während der Partie, mehrmals forderte der Franzose Gelbe Karten für Schalker. Im Jubel des Schlusspfiffs über einen unverhofften Punkt zeigte der 58-Jährige den aus der Faust aufgestellten Mittelfinger, eine international allseits verständliche Geste von Verachtung. Danach erklärte Girard, dass die Schalker und vor allem Stevens seinem Team zu wenig Respekt gezollt hätten. „Wenn ein Trainer sich so benimmt und bei jedem Foul nach einer Gelben Karte fragt, ist das kein Fair Play“, erklärte Stevens. Als „unterstes Niveau“ bezeichnete er den „Stinkefinger“. „Das ist der Champions League unwürdig“, sagte der Schalke-Trainer. Girard, in Frankreich berüchtigt für unflätige Attacken auch gegen Kollegen, muss mit einer empfindlichen Bestrafung durch die UEFA rechnen.