Schalke 04 und der Kampf ums Überleben

Gelsenkirchen - Von Bremen bis München, von Köln bis Berlin – in den Chefetagen der Bundesliga-Klubs sorgte diese Nachricht für riesige Erleichterung: Sky und die DFL haben sich geeinigt. Die Auszahlung der letzten, noch offenen Rate der TV-Gelder (angeblich 225 Millionen Euro) soll nun fließen.
Laut "Bild" handelt es sich dabei um einen Kompromiss: Der Pay-TV-Sender zahlt weniger als ursprünglich vereinbart, dafür noch im April. Und das, obwohl aktuell keineswegs sicher ist, ob und wie die Saison fortgesetzt werden kann.
Allerdings zeigt das Rettungspaket auch: Im vermeintlich als wirtschaftlich gesund geltenden deutschen Profi-Fußball sind viele Etats extrem auf Kante genäht. Der "Kicker" berichtet, ohne dabei Namen zu nennen, von mindestens vier Bundesligisten, die ohne die TV-Gelder akut von der Insolvenz bedroht wären.
Auf Homepage veröffentlicht Schalke "Bettel-Brief" an seine Fans
Einer davon dürfte der FC Schalke 04 sein. Schließlich steckt Königsblau tief in den roten Zahlen. Die Nettoverbindlichkeiten betragen laut Finanz-Geschäftsführer Peter Peters satte 118,7 Millionen Euro. Ein dickes Minus, das schon bei normalem Betrieb mächtig aufs Budget drückt – und das jetzt in der Corona-Krise doppelt durchschlägt. "Die Auswirkungen der aktuellen Situation zeigen, dass es um die Existenz des FC Schalke geht", gab unlängst erst Marketing-Chef Alexander Jobst zu.

Nur so ist zu erklären, warum der stolze Traditionsverein aktuell zu recht unorthodoxen Mitteln greift, um sich liquide zu halten. In einer Art Bettel-Brief, veröffentlicht auf der Vereinshomepage, baten die Schalker jetzt, auf die Erstattung von gekauften Tagestickets oder eventuell entfallenden Heimspiel-Besuchen für Dauerkarten-Besitzer zu verzichten. Gleiches gilt auch für die Logenbesitzer bei etwaigen Geisterspielen.
Fehlende Millionen aus Europapokal und teure Personalpolitik
Angesichts dieser Maßnahmen fragen sich nicht nur viele Schalker-Fans, wie es mit S04 soweit kommen konnte. Schließlich zählen die Königsblauen zu den absoluten Schwergewichten der deutschen Beletage, besitzen ein eigenes Stadion und frisch renoviertes Trainingsgelände und hatten sich allein in den letzten zehn Jahren fünfmal für die lukrative Champions League qualifiziert.

Genau da liegt aber schon das erste Problem. Da Schalke letzte Saison gegen den Abstieg kämpfte, fehlen die Millionen aus dem internationalen Geschäft. Ohne Einnahmen aus dem Europapokal schrumpfte der Umsatz von 350,4 Millionen im Geschäftsjahr 2018 auf 275 Millionen im Jahr darauf. Um so wichtiger wäre es, in der nächsten Spielzeit wieder auf europäischer Ebene aufzulaufen. Aktuell liegt das Team von Coach David Wagner halbwegs aussichtsreich auf Platz sechs – und stünde damit mit einem Bein in der Europa League.
Ein weiterer Punkt, der in nicht unerheblichem Maß zur finanziellen Malaise des Klubs beiträgt, ist die wechselhafte und vor allem teure Personalpolitik. Die aktuellen Zahlen sind miserabel.
Fußballstars günstig verkauft, Ex-Trainer Weinzierl lange weiterbezahlt

Die Einnahmen aus Transfers sanken von gut 45 Millionen Euro auf 15 Millionen. Dazu kommen teure Altlasten. Ex-Manager Christian Heidel verbuchte allein in seinem ersten Jahr ein Minus von über 40 Millionen Euro. Die Grundsätze der Marktwirtschaft spielten auf Schalke scheinbar lange keine allzugroße Rolle. Stars wie Breel Embolo wurden teuer (26,5 Millionen Euro) eingekauft und dann günstig (10 Millionen Euro nach Gladbach) verscherbelt. Auch Markus Weinzierl wurde lange weiterbezahlt, ohne dass irgendwelche Versuche unternommen wurden, sich mit dem Ex-Trainer finanziell zu einigen.
All diese Fehler sind natürlich auch der Konkurrenz aufgefallen. Ganz am Anfang der Corona-Krise hatte BVB-Boss Joachim Watzke in der Sportschau erklärt: "Am Ende können nicht die Klubs, die ein bisschen Polster angesetzt haben in den vergangenen Jahren, dann im Prinzip die Klubs, die das wiederum nicht gemacht haben, dafür auch noch belohnen."

Namen nannte Watzke nicht. Auf Schalke dürften sie dennoch ahnen, wer unter anderem damit gemeint war.
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