Robbens Albtraum geht weiter – nun auch bei Oranje
CHARKIW - Es ist kein guter Abend gewesen für die Oranjes in Charkow. Nicht für die Abgesandten auf dem Rasen noch die Anhänger auf den Rängen. Die Spieler haben sich beim Schlusspfiff in Trauerpose aufs Feld fallen lassen; einer wie Arjen Robben kennt das Gefühl der Demütigung ja nur allzu gut. Aber auch Wesley Sneijder oder Robin van Persie, allesamt mit 28 im besten Fußballalter, schienen untröstlich, für ihre Generation ist vielleicht schon für immer die Hoffnungen auf einen EM- und WM-Titel geplatzt.
Die Pleite gegen den Erzrivalen glich einem Albtraum. Lähmendes Entsetzen herrschte auch bei den mehr als 10000 niederländischen Anhängern. Ein Gutteil hatte im Metalist-Stadion ausgerechnet im deutschen Block ein Plätzchen bekommen, in der Kurve hinter der Metro-Station Sportyvna. Dort haben sie alsbald die Hüpfeinlagen der deutschen Fans ertragen müssen, die Siegesgesänge und natürlich die unweigerlichen Rufe, dass für Holland alles vorbei ist. Die neuerliche Pleite gegen den DFB nagt schwer an einer Elftal, die die erste Halbzeit wieder nur noch eine Karikatur von einem EM-Mitfavoriten abgab.
Die ersten 45 Minuten gegen die mit gezielten Nadelstichen operierende deutsche Mannschaft legten schonungslos offen, woran es mangelt: an Struktur, aber vor allem an Zusammenhalt zwischen Defensive und Offensive, am Konzept und auch ein bisschen am Abschlussglück. Bondscoach Bert van Marwijk, im Land der Tulpen keineswegs mehr unumstritten, hatte gegenüber dem Samstag eine einzige Änderung vorgenommen: Joris Mathijsen durfte für Ron Vlar zentral verteidigen.
Eine Maßnahme, die sich als Rohrkrepierer erweisen sollte: Der 32-jährige Ex-Hamburger, der inzwischen beim FC Malaga gutes Geld verdient, stand schließlich bei beiden Gomez-Gegentoren nur interessiert Pate. Beim 0:1 ließ der gesamte zentrale Defensivblock eine Lücke, als wollten die grellorange gewandten Kicker auf der neuen Landebahn des Flughafens von Charkiw einen Flieger einweisen. Mathijsen hob den Arm, was keine gute Idee war, weil Rechtsverteidiger Gregory van der Wiel das Abseits aufhob.
Und beim 0:2 zahlte der erst 18-jährige Linksverteidiger Jetro Willems kräftig Lehrgeld – auch dabei stand Matijsen nicht wirklich günstig, um einzugreifen. Das Kopfschütteln von van Marwijk sprach Bände. Der 60-Jährige reagierte – Rafael van der Vaart ersetzte den erneut schwachen Kapitän und Trainer-Schwiegersohn Mark van Bommel, Schalkes Bundesliga-Torschützenkönig Klaas-Jan Huntelaar kam für den wirkungslosen Ibrahim Afellay.
Doch den nach einer deutlichen Steigerung verdienten Anschlusstreffer besorgte dann Huntelaar-Konkurrent van Persie (73.) – ein Tor, das trotz aller Anstrengungen im zweiten Durchgang zu spät kam. Für die Niederlande geht es nun am Sonntag zum dritten Male via Charterflug aus Krakau nach Charkiw. Dort steht gegen die Portugiesen dann alles auf dem Spiel: Ehrenvoller Abschied? Oder doch ein Wunder? Coach van Marwijk selbst jedenfalls sagt:
„Wir müssen nur mit zwei Toren Unterschied gegen Portugal gewinnen. Ich glaube nicht, dass Deutschland sich gegen Dänemark hängen lässt.“ Ach ja, wichtig für die Bayern-Fans: Wenn Robben seinen ganzen Frust verdaut hat, kehrt er zurück. Sein Vater Hans sagte in „Sport-Bild“: „Es ist ausgeschlossen, dass er Bayern verlässt. Arjen wird nächste Saison in München spielen.“ Hoffentlich erfolgreicher als jetzt.