Randale und Entschuldigung

Schlägereien in der Innenstadt, demolierte Kneipen und eine Entschuldigung des HSV - die kurzfristige Absage des Hamburger Stadtderbys in der Fußball-Bundesliga hatte ungeahnte Folgen.
dpa |
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Hamburg - Schlägereien in der Innenstadt, demolierte Kneipen und eine Entschuldigung des HSV - die kurzfristige Absage des Hamburger Stadtderbys in der Fußball-Bundesliga hatte ungeahnte Folgen.

Knapp 20 Stunden vor dem Anpfiff am Sonntagnachmittag war die Partie Hamburger SV gegen den FC St. Pauli wegen zweitägigen Dauerregens abgesetzt worden. Es war die zehnte Absage eines Bundesligaspiels seit 2000. In den Nachtstunden danach randalierten Fußball-Rowdys. Anhänger des HSV sollen ein Lokal mit St.-Pauli- Anhängern gestürmt haben. 45 Randalierer kamen in Gewahrsam, vier von 500 eingesetzten Polizei-Beamten wurden leicht verletzt. Mehrere Lokale wurde beschädigt, ein Polizei-Auto demoliert.

"HSV-Chef Bernd Hoffmann hat mich angerufen und sich entschuldigt, auch für die Ausschreitungen von HSV-Fans in der Nacht", sagte St.-Pauli-Präsident Stefan Orth bei einer Pressekonferenz am Sonntag. Der Aufsteiger wolle keine Vorwürfe erheben, erklärte er und erläuterte: "Es war eine Verkettung unmöglicher Umstände. Den Ausfall zu prüfen liegt nicht in meiner Macht." Allerdings, so versicherte der Präsident, wäre ein Spiel im Millerntor-Stadion auf St. Pauli möglich gewesen. "Wir hätten zwei Tage vorher eine Schwammwalze eingesetzt. Der Rasen wäre spielbereit gewesen", beteuerte Orth.

Eine Platzkommission mit Schiedsrichter Günter Perl aus Pullach hatte am Samstag den neuverlegten Rasen in der Imtech-Arena des HSV kontrolliert. Weil der Platz komplett unter Wasser stand, wurde die Partie am Abend abgesagt. Da laut Wetterprognosen unwetterartige Regenfälle von bis zu 80 Litern pro Quadratmeter für Sonntag vorausgesagt worden waren, blieb der Platzkommission keine andere Wahl. Für die Neuansetzung kommt laut St. Pauli der 16. Februar infrage. Eine Entscheidung soll am Montag fallen.

Erst am Freitagabend hatte der HSV die komplette Rasenerneuerung abgeschlossen. Weil das alte Grün ramponiert war, ist unmittelbar vor dem Derby ein neuer Rollrasen für 100 000 Euro ausgelegt worden. Die Erneuerung erfolgte für viele Beobachter zu spät. Das letzte Heimspiel des HSV fand am 21. Januar, also 16 Tage vor dem Derby statt. Der HSV wehrt sich jedoch gegen Vorwürfe. "Diese Wassermassen hätte auch der alte Rasen nicht aufgenommen", sagte Stadionchef Kurt Krägel und ergänzte: "Die Drainage ist nach Norm auf fünf Liter pro Stunde ausgelegt."

HSV-Spieler und Trainer Armin Veh hatten den Untergrund im Volkspark beim Vormittagstraining getestet. "Es wäre unmöglich gewesen, dort zu spielen", sagte Veh. "Der Ball rollt nicht, bleibt einfach liegen", berichtete Krägel. St. Paulis Teammanager Christian Bönig machte sich nach der Absage umgehend auf den Weg, um sich ein Bild vor Ort zu machen. "Da ging wirklich nichts", sagte Bönig.

Profis vom Lokalrivalen FC St. Pauli wunderten sich, warum sie am Samstag auf ihrem Trainingsgelände spielen konnten, während das auf dem neuen Rasen beim HSV nicht möglich war. Zur Ehrenrettung des HSV sei gesagt, dass in unteren Klassen Hamburgs und Schleswig-Holsteins zahlreiche Spiele des Wochenendes abgesagt werden mussten.

Schadenersatzforderungen, die zunächst erwogen worden waren, spielten schließlich keine Rolle mehr. Ärgerlich: Für das 16. Lokalderby war erstmals ein Public Viewing im Millerntor-Stadion vorgesehen. 12 000 Fans wurden erwartet, dafür sind zwei Videowände installiert worden. Die Kosten werden auf rund 15 000 Euro taxiert. Über die finanziellen Belastungen hatte Hoffmann mit Orth gesprochen. "Herr Hoffmann hat seine Hilfsbereitschaft angedeutet, uns beim nächsten Public Viewing zu unterstützen", sagte Orth.

Ob die nächtlichen Ausschreitungen in der Hamburger Innenstadt aus Wut über die Spielabsage geschahen oder ohnehin Plan von Hooligans waren, ist unklar. Ab 22.00 Uhr lieferten sich im Stadtteil St. Pauli rund 200 Anhänger beider Vereine Schlägereien. HSV-Anhänger stürmten das von St.-Pauli-Fans genutzte Lokal Jolly Roger. Es wurden Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper geworfen. Mehrere Lokale und ein Einsatzwagen der Polizei wurden demoliert, vier Beamte leicht verletzt. Laut Polizeiangaben waren auch Anhänger anderer Fußball-Vereine an an den Krawallen beteiligt.

Wenige Tage vor dem abgesagten Derby soll der Verdächtige drei Rauchbomben im Stadion deponiert haben. Bei der Polizei schwieg der 21-Jährige zu den Vorwürfen. Er sollte einem Haftrichter vorgeführt werden - wann, war zunächst unklar. "Im Zusammenhang mit Gewalt bei Fußballspielen ist er bereits einmal aufgefallen", hieß es.

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