Portugals Goncalo Ramos: Der Zaubertrick mit dem Zauberer

Für Vorbild Ronaldo in die Startelf gerückt, trifft Gonçalo Ramos dreifach. Die Finger-Pistolen glühen – wie eine heikle Debatte in Portugal.
von  Martin Wimösterer
Goncalo Ramos trifft dreifach gegen die Schweiz.
Goncalo Ramos trifft dreifach gegen die Schweiz. © GES/Markus Gilliar

München - Mit Legenden ist es so eine Sache. Wie Gonçalo Ramos – der Mann, über den seit Dienstagabend die Fußballwelt redet – zu seinem Spitznamen kam, darum ranken sich in Portugal verschiedene Geschichten.

Die eine besagt: Ramos traf in jungen Jahren bei fast jedem Schuss, selbst durch Abfälscher wie beim Billard. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, magisch eben. Darum: "O Feiticeiro", der Zauberer. Die andere Variante führt den Ehrentitel auf Ramos' früheren Torjubel zurück: Er soll wie ein Wahrsager durch eine imaginäre Kristallkugel geschaut haben.

Ramos glänzte mit drei Toren und einer Vorlage gegen die Schweiz

Mittlerweile bläst der 21-Jährige nach Toren über ausgestreckte Finger wie ein Pistolero über seine abgefeuerten Colts. Das hat nun die ganze Fußballwelt gesehen, als er im WM-Achtelfinale die Schweiz zersägte. Dreimal traf er, ein weiteres Tor bereitete er beim 6:1-Kantersieg vor. Ramos teleportierte Portugal ins Viertelfinale, in dem es am Samstag, 16 Uhr, auf das Überraschungsteam Marokko trifft.

Während der Schweizer Nationaltrainer Murat Yakin aus der Heimat Schelte erhielt für seine geänderte Aufstellung, ging Fernando Santos' Pokerspiel auf. Portugals Coach hatte den Zauberer aus dem Hut gezaubert und in die Startaufstellung beordert. Ein Wechsel, an dem Santos im Fall des Ausscheidens zerbrechen hätte können: Der junge Ramos bekam gegen die Schweiz den Platz des ruhmumwehten Cristiano Ronaldo.

Ronaldo mit Bankplatz unzufrieden

Mit Legenden ist es auch in solchen Fällen so eine Sache. Ein Wechsel wie dieser – ein Politikum. Die Joker-Rolle schmeckte CR7 wenig. Das gab auch Santos nach dem Sieg zu. "Jeder will spielen." Bei Ronaldo, dem alternden und bei Manchester United entmachtenden Star, war die erst vierte Einwechslung seiner Nationalelf-Karriere ein weiterer Kratzer am Ego.

Doch der Tausch kam zur rechten Zeit. Auch, was die öffentliche Meinung anging. In einer Umfrage des Sportblattes "A Bola" sprachen sich 70 Prozent dafür aus. Ronaldo, in der Kabine trotz Götterdämmerung kollegial, schaute bis zur 74. Minute von der Bank aus. beim Toreschießen zu. Er klatschte Ramos später ab. Ob er glücklich sei, rief ihm ein Reporter beim Verlassen des Stadions zu.

Trotz Bankplatz – CR7 glücklich über WM-Viertelfinale

"Natürlich", sagte Ronaldo. "Viertelfinale..." Er dementierte noch eine Einigung mit Saudi-Klub Al-Nasr und wünschte Pelé gute Besserung – zum Spiel kein Wort. Ramos, der Eusébio als jüngsten portugiesischen Torschützen einer WM-K.o.-Runde verdrängt hat, war der gefeierte Mann. Er wurde als Spieler des Spiels ausgezeichnet. Bruno Fernandes wollte ihm scherzhaft die zugehörige Trophäe klauen – abgewehrt. Aber nicht darum sagte Fernandes: "Ramos hat der Mannschaft defensiv sehr geholfen. Er ist der Typ Stürmer, der überall ist." Gefragt worden war er nach den Qualitäten CR7s, den er mit keinem Wort erwähnte. 

Lewandowski, Ibrahimovic und Ronaldo – die Vorbilder des Wunderstürmers 

Der "Zauberer" selbst, im Ligabetrieb unter Roger Schmidt bei Benfica Lissabon tätig, nannte nach dem Spiel seine drei Vorbilder: Lewandowski, Ibrahimovic – und Ronaldo. Ob Santos mit Ramos den Verschwinde-Trick aus der Startelf durchführt – und gegen Marokko wieder Ronaldo bringt? "A Bola" fragt wieder die Fans. Der Trainer hüllte sich in Nebel. Das Mysteriöse ist Teil der Zaubershow.

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