Plädoyer für Sané: Bringt Löw den Bayern-Star gegen Portugal?
München - Nicht immer ist die Statistik im Fußball aussagekräftig, doch bei Kai Havertz (22) passten am Dienstagabend gegen Frankreich die Zahlen und der optische Eindruck von der Haupttribüne der Allianz Arena aus gut zusammen: Nur zehn Prozent seiner Zweikämpfe gewann der Champions-League-Held vom FC Chelsea, lediglich ein Torschuss und eine Torschussvorlage wurden für Havertz notiert (AZ-Note 4).
Ein wirkungsloser Auftritt im deutschen Dreier-Angriff, den der Bundestrainer spät, ja viel zu spät beendete: In der 74. Minute kam Leroy Sané (25) für Havertz in die Partie.
Doch auch der Bayern-Star konnte nicht mehr für den Ausgleich sorgen. Sanés Freistoß aus 20 Metern flog deutlich über das Tor (88.). Nach dem Schlusspfiff schlich der Offensivspieler mit hängenden Schultern über den Rasen. So hatte sich Sané den EM-Start freilich nicht vorgestellt, er wollte als Stammspieler ins Turnier starten. Bekommt er nun am Samstag gegen Portugal (18 Uhr, ARD und im AZ-Liveticker) eine Chance?
Gündogan setzt sich für Sané ein
Von seinem Teamkollegen Ilkay Gündogan gab es zumindest ein Plädoyer für Sané. "Leroy ist ein Spieler, der Rhythmus braucht. Der das Gefühl braucht, ständig den Unterschied machen zu können", sagte Gündogan, der mit Sané einst bei Manchester City zusammenspielte. "Er ist ein Spieler, der sich nicht leicht damit tut, die letzten 20 Minuten reinzukommen, um dann im nächsten Spiel zu starten und dann wieder nach 60 Minuten heruntergenommen zu werden und wieder eine halbe Stunde zu spielen.”
Es waren klare Aufstellungstipps von Gündogan an die Adresse des Bundestrainers: Sané gehört in die Startelf! "Er ist jemand, der dieses Selbstverständnis haben muss, ständig zu spielen. Und wenn er dann spielt, dann ist er unglaublich", ergänzte Gündogan: "Ich hoffe einfach, dass er so viel Einsatzzeit wie möglich bekommen wird, damit er in diesen Rhythmus kommt. Wir sind hier, um ihm zu helfen. Wir unterstützen ihn. Wir wissen, wie gut er ist und wie gut er uns tun kann."

In der EM-Vorbereitung war Sané allerdings nicht so gut, sonst hätte ihn Löw anstelle von Havertz in der Anfangsformation nominiert. Es sind die gleichen Vorwürfe, die Sané schon länger begleiten: eine zu lockere Einstellung, lässige Körpersprache, wenig Engagement bei der Defensivarbeit. Deshalb gab es im Testspiel gegen Dänemark auch einen Rüffel von Joshua Kimmich (26). "Wir müssen uns gegenseitig antreiben und pushen. Es ist wichtig, miteinander zu sprechen und sich zu coachen", sagte Kimmich über Sané.
Wann macht Sané den nächsten Schritt?
Macht es beim Bayern-Profi jetzt endlich mal klick? Zuspruch erhielt er vom früheren Münchner Sportdirektor Matthias Sammer. Sané sei "ein fantastischer Individualist, der auf dem Weg ist, sich sowohl bei den Bayern als auch in der Nationalmannschaft einen höheren Stellenwert zu erarbeiten", erklärte Sammer bei "t-online.de" und ergänzte: "Er ist auch nicht so schlecht, wie er teilweise gemacht wird." Sané befinde sich "in einem Entwicklungsprozess, in dem er selbst entscheidet, ob er am Ende nur ein gutes Talent oder irgendwann einmal ein absoluter Klassespieler sein wird, der häufiger und konstanter seine Qualitäten zeigt", so Sammer.
Die Portugal-Partie wäre ein guter Zeitpunkt für Sané, um den nächsten Entwicklungsschritt zu machen – und Deutschland zum Sieg zu schießen.