Phantomtor-Skandal um Kießling-Treffer

Stefan Kießling erzielt im Spiel Leverkusen gegen Hoffenheim ein irreguläres Tor - der Schiedsrichter gibt es trotzdem.
az |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Stefan Kießling (links) erzielte gegen Hoffenheim das zweite Phantomtor der Bundesliga-Geschichte.
GES/Augenklick Stefan Kießling (links) erzielte gegen Hoffenheim das zweite Phantomtor der Bundesliga-Geschichte.

SINSHEIM Das zweite Phantom-Tor in der Geschichte der Fußball-Bundesliga hat Bayer Leverkusen an die Tabellenspitze gespült, hinter der Wertung des 2:1 (1:0) bei 1899 Hoffenheim steht allerdings ein großes Fragezeichen. Aufgrund der Fehlentscheidung von Schiedsrichter Felix Brych (München) beim angeblichen Treffer von Stefan Kießling (70.) droht ein Wiederholungsspiel – wie 1994, als Bayern Münchens Thomas Helmer gegen den 1. FC Nürnberg am Tor vorbei geschossen, der Schiedsrichter den Treffer dennoch anerkannt hatte.

Die Hoffenheimer kündigten noch am Freitagabend Protest gegen die Wertung der Begegnung an. "Das machen wir definitiv", sagte Alexander Rosen, Leiter Profifußball bei den Kraichgauern, bei Sky. 1899-Trainer Markus Gisdol ergänzte: "Ich denke, das Spiel werden wir nochmal sehen. Alles andere wäre ein Witz. Wir können ja nicht ein Spiel von Bayern München wiederholen und von Hoffenheim nicht." Nationalspieler Sidney Sam (26.) hatte gegen Hoffenheim das 1:0 für Leverkusen erzielt, es war der zehnte Sieg im elften Punktspiel gegen die Kraichgauer – zunächst einmal.

Die Gastgeber kamen nur noch durch Sven Schipplock (88.) zum Anschluss. Zuvor hatte Roberto Firmino (83.) einen umstrittenen Foulelfmeter verschossen. Bayer (22 Punkte) zog vorerst an Triple-Gewinner Bayern München (20) und Borussia Dortmund (19) vorbei. Zudem gelang den Rheinländern eine gelungene Generalprobe für das nächste Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Schachtjor Donezk. Überschattet wurde aber alles von der Szene 20 Minuten vor dem Ende, bei der Kießling einen Kopfball nach einer Ecke neben das Tor gesetzt hatte. Durch ein Loch im Netz landete der Ball im Gehäuse, das komplette Schiedsrichter-Gespann übersah dies aber.

"Es fühlt sich blöd an, man wird hier richtig beleidigt. Ich habe im ersten Moment gedacht, dass der Ball nicht reingeht. Dann kamen alle auf mich zugestürmt. Was soll ich da machen?", sagte Kießling bei Sky: "Ich bin schon ehrlich, wenn ich was sehe, ich konnte das nicht richtig beurteilen. Als die Hoffenheimer das Loch im Netz gezeigt haben, habe ich selber gegrübelt." Leverkusens Sportchef Rudi Völler zeigte sich verärgert über die strittige Szene. "Uns ist das auch sehr unangenehm, so wollen wir nicht gewinnen. Aber auch wir können nichts dafür", sagte Völler: "Was mich aber überrascht hat, ist, warum die Hoffenheimer nichts gesagt haben. Sie haben so viel Geld für ein tolles Stadion ausgegeben. Sie sollten das nächste Mal mehr in gescheite Netze investieren."

Die 25.213 Zuschauer in der Rhein-Neckar-Arena, darunter der mit einem brandneuen Vertrag ausgestatte Bundestrainer Joachim Löw und der zukünftige DFB-Sportdirektor Hansi Flick, sahen in der neunten Minute die erste Torchance. Beim Freistoß von Sejad Salihovic, der sich am Dienstag mit Bosnien-Herzegowina erstmals für eine WM-Endrunde qualifiziert hatte, war Leverkusens Torwart Bernd Leno bereits geschlagen. Innenverteidiger Philipp Wollscheid rettete per Kopf auf der Linie. Die Antwort der Leverkusener, bei denen der verletzte Nationalspieler Lars Bender fehlte, ließ nicht lange auf sich warten. Gonzalo Castro konnte die Möglichkeit aber nicht nutzen (14.).

Die Mannschaft von Coach Sami Hyypiä übernahm trotz der verpassten Führung das Kommando. Sam zeigte in der 16. Minute mit einem Fallrückzieher seine Klasse. Das erste Tor hätten allerdings kurz darauf die Gastgeber erzielen können (20.). Der französische Torjäger Anthony Modeste scheiterte nach Vorarbeit von Kevin Volland aus kurzer Distanz an Leno. Die Hoffenheimer, die nach wie vor auf die aussortierten Tim Wiese, Edson Braafheid, Matthieu Delpierre, Matthias Jaissle und Tobias Weis verzichten, gestalteten das Spiel in dieser Phase ausgeglichen – bis Sam mit seinem siebten Saisontor die alleinige Führung in der Torschützenliste übernahm.

Bei diesem Treffer sahen der Hoffenheimer Innenverteidiger Niklas Süle und der belgische Torwart Koen Casteels nicht besonders gut aus. Was sich nur wenige Sekunden später auf der Gegenseite abspielte, hatte Slapstick-Charakter. Zunächst nutzte der Brasilianer Roberto Firmino die Chance zum Ausgleich nicht (27.), dann schoss Modeste aus knapp zwei Metern Leno an (28.). Hoffenheims Trainer Markus Gisdol, der ohne Außenverteidiger Fabian Johnson auskommen mussten, verzweifelte an der Seitenlinie. Zudem wurde in der 36. Minute ein Treffer durch Volland wegen Abseits nicht anerkannt. Die Entscheidung von Brych war höchst umstritten.

Nach dem Seitenwechsel drängten die Hoffenheimer, die angeblich am 22 Jahre alten Mittelfeldspieler Jiloan Hamad (Kapitän des schwedischen Erstligisten Malmö FF) interessiert sind, auf den Ausgleich. Wieder war es Modeste, der die erste Chance vergab (52.). Auf der Gegenseite musste Casteels gegen Castro retten (61.). Dann kam die Kießling-Szene. Kurz darauf hielt Leno Firminos Elfmeter. "Schiri Brych hat alles versucht, dass das Spiel noch 2:2 ausgeht. Der Elfmeter war ein Witz", sagte Völler. Beste Spieler aufseiten der Leverkusener waren Sam und Leno. Bei den Gastgebern konnten Volland und Firmino überzeugen.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.