Personenschutz für Fußball-Stars nimmt zu

Immer mehr Fußball-Profis in Frankreich setzen auf Personenschutz. Für die Klubs eine nicht zu unterschätzende Entwicklung. Und in Deutschland?
von  sid
Die Stars von PSG stehen unter Personenschutz.
Die Stars von PSG stehen unter Personenschutz. © dpa

Paris - Frankreich hat sich an das Leben im von der Regierung verhängten und zunächst bis Juli 2017 geltenden Ausnahmezustand gewöhnt, ja gewöhnen müssen.

Die Terroranschläge vom 13. November 2015 mit ihren 130 Todesopfern wirken in der Grande Nation immer noch nach, die Fußball-Klubs klagen, dass es immer schwieriger sei, Stars in die Ligue 1 zu holen.

Diese verlangen außer satten Gehältern immer häufiger auch Personenschutz. Das hängt allerdings weniger mit der latenten Terrorgefahr zusammen, sondern vor allem in den Großstädten Paris, Marseille, Lyon und Lille nehmen Übergriffe auf Personen, Einbrüche und Autodiebstähle immer mehr zu. Die L'Equipe listete für die letzten zehn Jahre 21 Verbrechen auf.

Horrende Kosten

Objektschutz, Personenschutz, ausgeklügelte Sicherheitsanlagen - die Vereine geben ein Vermögen aus, um ihr menschliches Kapital zu schützen. Abonnementmeister Paris St. Germain, Klub von Weltmeister Julian Draxler und Torwart Kevin Trapp, zahlte für Privatchauffeure, Motorradfahrer, die hinter den Spielern herfuhren, Verbesserung der Sicherheitsanlagen rund um die Anwesen nach dem 13. November bis Saisonende 2015/16 über eine Million Euro.

Danach verlangte der Verein, die Spieler sollten diese Kosten selbst übernehmen. Sie lehnten ab. In der Zeit war nur eine Luxus-Karosse von Marco Verratti gestohlen worden, die er mangels Platz in der Garage auf offener Straße geparkt hatte.

Es gibt aber auch andere Fälle. Am 11. September 2016 wurde Mounir Obbadi, Mittelfeldspieler in Lille, nachts überfallen. Er weilt jetzt für Marokko beim Afrika-Cup in Gabun, und seine Frau Btisem hat zwei Brüder gebeten, für diese Zeit bei ihr zu wohnen: "Mit Mounir habe ich sogar darüber gesprochen, ob er seine Karriere nicht beenden soll. Ich jedenfalls will so schnell wie möglich weg aus Lille."

Besonders krass ist der Fall von Florent Balmont. Der wurde 2008 um fünf Uhr morgens in Lille von drei vermummten Männern überfallen, die die Herausgabe der Schlüssel seines Audi verlangten: "Ich habe die Schlüssel im Halbschlaf nicht sofort gefunden. Ich dachte, jetzt jagen sie Dir eine Kugel in den Kopf. Meine damals vierjährige Tochter, die alles mit ansehen musste, ist heute noch traumatisiert."

Vorträge für Spieler

In Marseille wurde offiziell "aus gesundheitlichen Gründen" der Sicherheitsdirektor ausgewechselt. Allerdings stand der bisherige Verantwortliche im Verdacht, Sicherheitsfirmen beschäftigt zu haben, die ihre Aufträge zur Geldwäsche benutzten.

Jetzt finden in Marseille regelmäßig Vorträge statt, um den Spielern die simpelsten Sicherheitsregeln einzubleuen. Da geht es unter anderem darum, die Adresse geheim zu halten, Bewegungsmelder und Video-Überwachung im und am Haus zu installieren sowie das automatische Schließen der Rolläden, das Einschaltung des Lichts im Haus etc. Ein weiterer Tipp: Das Handy soll so konzipiert sein, dass es einen Notruf auslöst, wenn es auf den Boden geworfen wird...

In England hat Rekordmeister Manchester United kürzlich einen Terror-Experten als Sicherheitschef eingestellt. Aber der kümmert sich vor allem um das Stadion und die Zuschauer - nicht die Spieler. Ähnlich wird das in der Bundesliga gehandhabt.

Michael Novak, Sprecher der Deutschen Fußball Liga (DFL), weiß zwar, dass Bayern München vor Jahren von Sicherheitsleuten begleitet wurde, aber einen generellen Überblick kann er nicht geben, "weil jeder Klub das individuell bewerten kann." Allerdings: "Hauptamtliche Sicherheitsbeauftragte brauchen die Klubs nach DFL-Vorgaben verbindlich. Dabei geht es aber nicht um Personenschutz, sondern vornehmlich um das Spiel und die Zuschauer."

Bei der deutschen Nationalmannschaft ist es üblich, dass die Stars des Weltmeisters bei Turnieren von Mitgliedern des Bundeskriminalamtes begleitet werden. Und private Sicherheitskräfte waren schon in den 90er Jahren regelmäßig bei den Länderspielen zum Schutz der Spieler im Einsatz.

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