Packt die DFB-Elf die "Three Lions"? "Wembley liegt uns"

Das muss man dieser schlingernden Nationalelf und jedem einzelnen Spieler lassen: Sie haben das beinahe schon gesunkene Schiff nochmal an Land gezogen, das Ufer des Achtelfinals (Dienstag, 18 Uhr live in der ARD und bei MagentaTV sowie im AZ-Liveticker) erreicht, als nur in weiter Ferne Land in Sicht war.
Moral und Wille wurden belohnt
Sie haben gegen alle Widerstände, gegen die widerborstigen Ungarn und vor allem gegen sich selbst, sprich die eigenen Unzulänglichkeiten, angekämpft. Sie waren konfus, mussten zittern. Aber sie haben Moral, Wille und Herz gezeigt. Und wurden belohnt.
Die Wasserschlacht von München: Zwei Mal kamen sie gegen Ungarn zurück, nach 0:1 und 1:2. Wieder ein Anrennen, ein Stemmen gegen die Niederlage - zum dritten Mal in drei Vorrundenpartien geriet man in Rückstand.
Verdientes, aber glückliches Remis gegen Ungarn
Was beim 0:1 gegen Frankreich nicht glückte, klappte beim 4:2 gegen Portugal überzeugend und mündete gegen Ungarn in ein verdientes, aber doch glückliches Remis, das man jetzt psychologisch in einen Erfolg ummünzen will.
Ein Erlebnis, das bei der durchs nervliche Stahlbad gegangenen Mannschaft nun einen ganz speziellen (Knall-)Effekt für den Rest der EM auslösen könnte.
Nationalmannschaft kurz vor dem Euro-Exit
Das DFB-Team stand kurz vor dem Euro-Exit, der zugleich nach 15 Amtsjahren das Ende der Zeit von Joachim Löw als Bundestrainer bedeutet hätte. Es wäre der schlimmstmögliche Abgang gewesen. Abgehakt, verdrängt. Weiter geht's.
Dass man jetzt am kommenden Dienstag (18 Uhr) in London gegen England spielt, sei eine "tolle Nachricht, ein absolutes Highlight", meinte Löw erfreut und ergänzte: "Jetzt geht es darum: Alles oder nichts! Das ist eine gute Situation."

Endlich ist die Vorrunde überstanden
Will sagen: Endlich ist diese Vorrunde, diese verdammt schwere Gruppe mit Weltmeister Frankreich und Europameister Portugal überstanden. Egal wie. Hier war nicht der Weg das Ziel.
Man hat die Wiederholung der Peinlichkeit von Russland 2018 hinter sich gelassen, den Rucksack abgeschüttelt. Kein Déjà-vu, sondern: neues Spiel, neues Glück ab der K.o.-Runde.
Löw zeigt sich nahezu euphorisch
"Ich hatte das Gefühl, die Mannschaft will das biegen und diese schwere Hinrunde mit aller Gewalt überstehen", meinte Löw und erklärte beinahe euphorisch:
"Das wird ein völlig anderes Spiel, was uns sicher entgegenkommt. Die Engländer müssen zu Hause nach vorne spielen. Es wird ein offenes Spiel, offener als gegen Ungarn."
Joshua Kimmich findet den Gegner "einfach geil", Kapitän Manuel Neuer meinte fast schon beschwörend: "England wird ein ganz anderes Spiel. Wir wollen weitergehen. Und Wembley liegt uns!"
Die Bilanz gegen England spricht für das deutsche Team
Was er - abgesehen vom Triumph der Bayern 2013 im Champions-League-Endspiel gegen Dortmund (2:1) - meinte: Unter Löw spielte das DFB-Team sieben Mal (vier Siege, ein Unentschieden, zwei Niederlagen) gegen England.
In allen drei Duellen im britischen Heiligtum Wembley (zuletzt ein 0:0 im November 2017) blieb man ungeschlagen, allerdings waren dies Testspiele.

Nach dem "Auf und Ab unseres Spiels wie leider so oft in letzter Zeit" richtete Kimmich den Blick nach vorne: "Es wird wichtig, im weiteren Verlauf des Turniers mal ohne Gegentor vom Platz zu gehen."
Und dann? "Ich bin überzeugt davon, dass wir uns steigern können und dass es weitere Spiele gibt über das England-Spiel hinaus."
Goretzka: "Wir haben keine Zweifel und sind voller Selbstvertrauen"
Hört, hört! Kaum gelöst von den Fesseln des Drucks, nicht wieder in der Vorrunde zu scheitern, sind die Zungen schon wieder ziemlich entfesselt.
Retter-Torschütze Leon Goretzka beteuerte: "Wir haben keine Zweifel und sind voller Selbstvertrauen." Woher diese Mannschaft das nimmt? Hat das 2:2-Durchmogeln im Regen von München alle Schwächen weggespült?
Oder ist es die Aussicht auf ein mögliches Elfmeterschießen gegen England? Soll ja nicht die Spezialität der Briten sein. 1996 lässt grüßen.