"Oh, ein Mädchen!"
AZ: Frau Lotzen, wie viele Worte Japanisch haben Sie schon während der laufenden U-20-Weltmeisterschaft im Fernen Osten gelernt?
LENA LOTZEN: Noch nicht so viele außer „Hi”, was „Ja” heißt. Oder „Konnichiwa”, was „Auf Wiedersehen” bedeutet. Es ist schwer, sich hier zu verständigen. Wenn wir frei haben, finde ich es interessant, in die Stadt zu gehen, die Lebensweise kennenzulernen. Es fällt mir auf, wie freundlich und höflich die Japaner sind. Überall wird uns sofort geholfen.
Sie ragen als Torschützenkönigin mit sechs Treffern heraus. Im Verein beim FC Bayern spielen Sie hinter der Amerikanerin Sarah Hagen eigentlich als hängende Spitze, im Nationalteam…
…ist es umgekehrt, weil Dzsenifer Marozsan hinter mir rumwirbelt, sie gibt den Takt an. Warum das zwischen uns so gut klappt? Wir verstehen uns auch neben dem Platz gut.
Sie haben schon mit 16 Jahren in der Bundesliga debütiert, erleben Sie gerade die schönste Zeit Ihrer Karriere?
Schwer zu sagen, weil ich ja nicht weiß, was noch kommt. Aber in dieser Altersklasse geht es nicht viel weiter, als Weltmeister zu werden.
Welche Rolle spielt es, dass Sie bis zum Alter von 16 Jahren bei Ihrem Heimatverein TG Höchberg nur mit Jungs zusammengespielt haben?
Als ich fünf war, haben mich meine Kumpels mit zum Fußball genommen. Höchberg hatte keine Mädchenmannschaft und mir hat das vom Athletischen mit den Jungs mehr gebracht und Spaß gemacht. Mit den meisten bin ich noch heute befreundet.
Sie waren beim DFB-Stützpunkttraining das einzige Mädchen unter 117 Buben. Da durften Sie nicht zurückziehen, oder?
Ich habe durchgezogen, die haben durchgezogen (lacht). Dann haben die manchmal hinterher erst gemerkt, oh, da hat ein Mädchen mitgespielt.
Dann sind Sie mit 16 zum FC Bayern gewechselt und haben angeblich große Augen gemacht, als Sie die großen Bundesliga-Stars gesehen haben.
Stimmt! Wir trainieren teilweise an der Säbener Straße und essen dort auch zu Mittag. Dann sieht man mal Arjen Robben oder Franck Ribéry und grüßt sie – die grüßen dann auch freundlich zurück. Aber mehr Kontakt ist eigentlich nicht, ins Gespräch kommen wir eher nicht mit denen. Gerd Müller hat mir mal die Tür aufgemacht. Angesprochen hab ich ihn aber nicht.
Derzeit halten Sie mit den Freunden über soziale Netzwerke Kontakt. Wie ist die Resonanz bei Facebook?
Es sind schon einige Anfragen dazugekommen. Bestimmt 500. Ich konnte die natürlich nicht annehmen.
Ihr Vater Matthias und Ihre Mutter Monika fiebern meist vor Ort mit, jetzt sind sie aber auf USA-Reise, weil Ihr kleiner Bruder Moritz das wollte.
Er hat schon ein paar Jahre vorher den Wunsch geäußert, mal nach Amerika zu reisen. Moritz unterstützt mich sonst immer, sie sehen über den Livestream zu.
Und alle staunen, dass Sie Tor um Tor erzielen?
Es ist gar nicht so schwer: Ich kriege den Ball oft so hingelegt, dass ich ihn nur noch reinschießen muss. Und wenn man das erste Tor macht, klappen noch ganz andere Sachen.
In der Vorrunde hat die deutsche U 20 gegen die USA mit 3:0 gewonnen. Also kann doch gar nichts schiefgehen?
Wir können nicht ins Finale gehen und glauben, wir schlagen die wieder. Die US-Damen haben sich gesteigert.
Ist danach die Teilnahme an der EM 2013 das große Ziel? Bundestrainerin Silvia Neid hält große Stücke auf Sie!
Klar wäre es schön, bei der Europameisterschaft der Frauen in Schweden dabei zu sein, aber das ist noch zu weit weg. Wir wollen erst mal hier Weltmeister werden.