Ösi-Manager Herzog: "Dann sind wir der EM-Geheimfavorit"
"Nirgends ist die Mischung zwischen Erfolg und Misserfolg so groß wie in Österreich", sagt der Ex-Bayern-Profi Andreas Herzog (39) im AZ-Interview. Warum er dennoch auf ein österreichisches Sommermärchen bei der Euro hofft.
AZ: Noch vier Monate bis zur EM. Gestern hat die österreichische Mannschaft – zumindest zeitweise – ein erstaunliches Ausrufezeichen gesetzt gegen Deutschland. Wird doch noch alles gut im viel geschmähten Fußballösterreich, Herr Herzog?
ANDREAS HERZOG: Bei uns in Österreich geht das sehr schnell. Wenn wir verloren haben, sind wir die Idioten, die eh nicht Fußball spielen können. Und wenn wir mal wieder gewinnen, sind wir gleich wieder der EM-Geheimfavorit.
Ach, was!
Die Mischung zwischen Erfolg und Misserfolg ist nirgends so groß wie in Österreich. Es geht von himmelhochjauchzend gleich wieder in die Hölle. Und in Österreich wird immer alles ziemlich ironisch gesehen, es wird gern ein bissl verarscht. Das ist die österreichischeMentalität. Wir müssen einfach eine Sieger-Mentalität entwickeln und auch mal gegen einen besseren Gegner gewinnen.
So aufzutreten wie gegen Deutschland würde ja schon helfen. Auch bei der EM treffen Sie in der Vorrunde neben der DFB-Auswahl nur auf Gegner, die – zumindest statistisch betrachtet – besser sind.
Aber wenn wir gegen Kroatien einen guten Start erwischen, dann kommt das Selbstvertrauen, und alles kriegt eine Eigendynamik, mit der wir im eigenen Land dann sehr schwer zu schlagen sein würden. Und dann ist bei der EM alles möglich.
Sie sehen die Österreicher in einer Rolle wie die Griechen 2004, die niemand auf dem Zettel hatte und die dann den EM-Titel geholt haben?
Naja, wir dürfen nicht schon jetzt träumen, dass uns ein ähnliches Husarenstück gelingt wie den Griechen. Zunächst mal müssen wir unsere Hausaufgaben machen und in den Vorbereitungsspielen zu einer sehr guten Form finden. Es gibt in der Titelfrage wahrscheinlich keine Sensation. Es wird eine von den großen Nationen werden: Deutschland, Italien, Frankreich und vielleicht noch Portugal oder Holland.
Wie lässt sich denn abseits vom Fußball ein österreichisches Sommermärchen kreieren?
Das geht, glaube ich, nur über den Fußball. Nicht über die Politik oder Medienkampagnen. Aber wenn es losgeht, wird ganz Österreich fußballverrückt sein. Wir haben zwar nur acht Millionen Einwohner und nicht 80 wie Deutschland, aber warum sollten wir Österreicher nicht genauso begeisterungsfähig sein wie die Deutschen? Und sollten wir die Vorrunde überstehen, wäre es ein größerer Erfolg, als würde Deutschland Europameister. Wir haben sehr viele junge Talente, für die kann die Euro der Startschuss zu einer großen internationalen Karriere sein.
Und dann?
Dann hätten wir wieder viele Legionäre, wovon dann auch der Ruf des österreichischen Fußballs profitieren würde.
Welche Möglichkeiten haben Sie als Teammanager, in Österreich EM-Emotionen zu wecken?
Ich bin natürlich beim Training dabei und helfe, dass wir gute Spiele machen. Außerdem bin ich Teammanager und repräsentiere das Team, vor allem gegenüber Sponsoren. Das ist eine Mischung.
Eine Mischung aus Jogi Löw und Oliver Bierhoff?
Ich bin schon richtig dran an der Basis und trage nicht nur einen Anzug. Das macht mir alles wirklich viel Spaß.
Das ist schön. Hans Krankl hat uns kürzlich nämlich gesagt, Teamchef und Assistent in Österreich seien keine besonders freudvollen Jobs.
Wenn sich hohe Erwartungen nicht erfüllen, ist man immer enttäuscht, das ist normal. Aber es macht doch keinen Unterschied, ob du Nationaltrainer von Deutschland, Österreich oder bei einem Regionalligisten bist.
Interview: Christian Paschwitz
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