Nominerung des WM-Kaders: Bedrohte Art Mittelstürmer

Bundestrainer Joachim Löw nominiert am Donnerstag den erweiterten WM-Kader. Vor allem im Sturm machen ihm Miroslav Klose und Mario Gomez Sorgen.
von  Julian Galinski
Beide Italien-Legionäre, im DFB-Team Konkurrenten: Miro Klose (l.) und Mario Gomez.
Beide Italien-Legionäre, im DFB-Team Konkurrenten: Miro Klose (l.) und Mario Gomez. © Rauchensteiner/Augenklick

MÜNCHEN Am Mittwoch begab sich Joachim Löw nochmal ins Konklave. In einem Frankfurter Hotel beriet sich der Bundestrainer mit seinen Mitarbeitern abschließend über den Kader für die WM 2014 in Brasilien.

Insgesamt bis zu 40 Spieler wird Löw am Donnerstag nominieren – so viele wie nie. Die Liste ist vor allem so lang, weil Löw beim Test gegen Polen am 13. Mai in Hamburg die Bayern- und Dortmund-Blöcke fehlen werden, die am 17. Mai noch das Pokalfinale spielen. Das Spiel gegen Polen hat Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff darum schon als „Zukunftsspiel“ tituliert.

Doch auch der vorläufige WM-Kader wird groß sein, Löw wird wohl das Limit von 30 Spielern ausreizen. Darunter werden auch viele Spieler sein, die noch nicht oder noch nicht ganz fit sind – allen voran die Stürmer Miroslav Klose und Mario Gomez und Mittelfeldspieler Sami Khedira. Bis zum Meldeschluss am 2. Juni hat Löw dann Zeit, der Fifa seinen endgültigen 23er-Kader für die WM mitzuteilen. Wobei auch das durchaus auch ein Kader der Versehrten werden kann.

Löw hat bereits im „stern“ beklagt, dass derzeit nur „sieben, acht Spieler“ in Top-Form seien. „Die Lage ist nicht einfach. Viele sagen zu mir: Ihr habt die beste Mannschaft, die jemals für Deutschland spielte! Dann sage ich: Okay, zähl mal auf, wer denn momentan in Topverfassung ist!“, sagte Löw. Entgegen seiner sonstigen Regel, nur fitte Spieler mit zu einem Turnier zu nehmen, muss er diesmal improvisieren. Vor allem in jenem Mannschaftsteil, den Löw – ebenso wie Bayern-Coach Pep Guardiola – eigentlich für verzichtbar hält: im Sturm. Ganz vorne würde er ja lieber mit einer so genannten falschen Neun, also einem zum Angreifer umfunktionierten offensiven Mittelfeldspieler wie Mario Götze, Mesut Özil, Thomas Müller oder Marco Reus agieren als mit klassischen Mittelstürmern. Die gelten als bedrohte Art im DFB-Team.

Andererseits aber hat Löw aber immer wieder dennoch auf Klose oder Gomez gesetzt. Vor allem auch, weil er Rekord-Torjäger Klose wie auch Gomez als „tragende Stützen“ seiner Mannschaft versteht. Und so spielte Löw eben immer wieder mit Mittelstürmer. Genauso wie Guardiola bei Bayern, der meist eben auch mit Mario Mandzukic oder Claudio Pizarro spielt und nächste Saison noch Robert Lewandowski dazu bekommt.

Die Revolution, die Abschaffung der Mittelstürmer, muss noch nicht unbedingt jetzt sein. „Selbst, wenn du mit einer falschen Neun vorne spielst, brauchst du noch exzellente Mittelstürmer in der Hinterhand, die du bei bestimmten Spielsituationen reinwerfen kannst“, sagt der frühere Nationaltorhüter Oliver Kahn.

Und doch könnte es am Ende passieren, dass sich die Mittelstürmer vor Brasilien unfreiwillig von alleine abschaffen. Dass aus der bedrohten Art wegen der Verletzungen schon vor der Zeit eine aussterbende Spezies wird.

Obwohl Klose sich zuletzt wieder mit einem Einsatz für Lazio Rom zurückmeldete, ist derzeit nicht abzusehen, wie fit er bis zum Trainingslager der Nationalmannschaft in Südtirol (21. Mai bis 1. Juni) sein wird. Gomez, der fast die gesamte Saison verletzt war, wird wohl – wenn überhaupt – erst während des Trainingslagers wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Sollte es für ihn nicht mehr reichen für Brasilien, kann sich Gladbachs Max Kruse Hoffnungen machen auf eine Nominierung. Weil es eben ganz ohne Mittelstürmer doch noch nicht geht.

 

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