Niederlande zittern: „Gegen Deutschland geht es um alles“

In den Niederlanden geht die Angst um: Ausgerechnet gegen den Erzrivalen Deutschland droht das vorzeitigte EM-Aus. Es wäre nicht die erste bittere Niederlage gegen den ungeliebten Nachbarn.
von  sid

Krakau - Die Angst vor dem EM-Aus gegen den Erzrivalen geht um. Nicht nur bei den Spielern der niederländischen Nationalmannschaft, sondern auch in der Heimat. Die Stadt Kerkrade, deren Nieuwstraat auch Neustraße heißt und die Grenze zu Deutschland bildet, hat für Mittwoch eine Notverordnung erlassen. Zahlreiche Polizisten sollen zwischen den Nachbarn vermitteln, falls es zum Ernstfall kommt und die DFB-Elf das Oranje-Team tatsächlich aus der EM schießt. Genau davor zittert auch der Vize-Weltmeister im fernen Krakau.

„Jeder weiß, dass es gegen Deutschland um alles geht“, sagt Trainer Bert van Marwijk vor dem Duell der ewigen Rivalen in Charkow (20.45 Uhr/ZDF). Sollte die Elftal verlieren und Dänemark gegen Portugal gewinnen, kann der Mitfavorit schon vor dem letzten Gruppenspiel die Heimreise planen. „Ich weigere mich, schon über ein Ausscheiden zu sprechen. Es macht keinen Sinn, jetzt negativ zu denken“, sagt der ehemalige BVB-Coach dennoch trotzig.

Es wäre nicht die erste bittere Oranje-Niederlage gegen den Nachbarn. Besonders das Trauma des verlorenen WM-Finals 1974 (1:2) hat die Fußball-Nation noch immer nicht überwunden, auch die Pleiten bei der WM 1990 (1:2 im Achtelfinale) oder der EM 1980 (2:3) wirken bis heute nach. Zumal Deutschland bei allen drei Turnieren am Ende den Titel holte. Der Druck auf die Elftal ist somit gewaltig. „Das Spiel gegen Deutschland wird wie ein Finale für uns“, sagt Rafael van der Vaart, der auch das deutliche 0:3 vom vergangenen November in Hamburg noch im Kopf hat.

„Deutschland war damals richtig stark. Es ist ganz einfach: Wir müssen am Mittwoch gewinnen. Die Niederlage gegen Dänemark hat uns in diese schwierige Position gebracht.“ Das unglückliche 0:1 zum EM-Start hat in der Tat Spuren hinterlassen. Zurück im EM-Quartier im polnischen Krakau, gab es weder ein öffentliches Training für die zahlreichen Oranje-Fans in der Stadt noch eine Pressekonferenz. Abschotten war angesagt, der auf die Bank verbannte Stürmer Klaas-Jan Huntelaar ließ sogar über den Verband mitteilen, für Gespräche nicht zur Verfügung zu stehen.

Prominente Fürsprache kam vor dem Deutschland-Spiel dagegen aus der Heimat. „Gerade jetzt hat die niederländische Mannschaft alle Unterstützung nötig“, schrieb Hollands Fußball-Idol Johan Cruyff in der Tageszeitung De Telegraaf, forderte gegen das DFB-Team aber auch eine Leistungssteigerung: „Es muss sehr schnell sehr viel besser werden.“ Motivation könnte die Schadenfreude aus Deutschland sein. „Ha, Ha Holland, so wird das nichts“ und „Herrlich Holland, diese Pleite freut uns“, hatte die Bild-Zeitung nach der Niederlage gegen Dänemark geschrieben.

Das Fachblatt Voetbal International titelte daraufhin „Provokationen aus Deutschland“ und übersetzte die Schlagzeilen. In den niederländischen Internet-Foren redeten sich Oranje-Fans prompt die Köpfe heiß. Kein Zweifel: Genug Zündstoff für Mittwoch ist vorhanden. Nicht nur in Kerkrade.

 

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