Niclas Füllkrug: Alle lieben den Kultkrug
Wir schreiben den 27. November, allerdings jenen des vergangenen Jahres. Werder Bremen, im Sommer zuvor abgestiegen, gastiert in der 2. Liga bei Holstein Kiel und verliert vor 10.000 Fans mit 1:2.
Zum zwischenzeitlichen 1:1 trifft ein gewisser Niclas Füllkrug in der 57. Minute, sein viertes Saisontor.
Von der zweiten Liga zum "Schuss ins WM-Glück"
Ein Jahr später ist die Bühne etwas größer. Das Al-Bayt-Stadion, das zweitgrößte der WM in Katar, ist mit 68 895 Zuschauern beinahe komplett gefüllt. Kaum Lücken auf den Rängen, eine auf dem Platz.
Drittes Länderspiel, dritte Einwechslung, zweites Tor
Die fand "Lücke", der Mann mit der nicht ganz perfekten Zahnreihe, und erlöste die Nationalelf mit seinem Wuchtbrummen-Schuss zum 1:1 gegen Spanien - nur 13 Minuten nach seiner Einwechslung. Drittes Länderspiel, dritte Einwechslung, zweites Tor.

Was ein Jahr ausmachen kann! Welch Glück, dass nahezu die gesamte Füllkrug-Familie auf der Tribüne in Al Khor mitfeiern konnte: Seine Ehefrau Lisa, sein Vater, sein Bruder, seine Schwester und ein Onkel. Die Schwiegereltern waren mit Töchterchen Emilia (3) im Hotel geblieben.
Es war das erste Jokertor Deutschlands bei einer WM seit Mario Götze im Finale 2014 gegen Argentinien. Götze, gegen Spanien nur Zuschauer von der Bank, kennt seit jenem goldenen Moment die ganze Welt.
Torschützenkönig im DFB-Pokal der Junioren
Bald auch "Lücke", so sein Spitzname, Füllkrug (29)? Den Mittelstürmer mit dem vergleichsweise geringen Marktwert von fünf Millionen Euro, der in seiner Karriere noch keinen Titel gewonnen, kein Europapokalspiel bestritten hat? In Füllkrugs Vita steht als persönlicher Titel: Torschützenkönig im DFB-Pokal der Junioren in der Saison 2010/11. Da lief Thomas Müller (33) nach der WM in Südafrika 2010 schon als WM-Torschützenkönig durch die Weltgeschichte.
"Instinkt und Automatismen" führen zum Tor
Müller, Götze, Füllkrug - deutsche WM-Geschichte. Das alles muss sich für den Werder-Stürmer, der aus Hannovers Vorort Ricklingen stammt, wie ein Märchen anfühlen. Doch er selbst nimmt es hin, als wäre es nicht Ex-Weltmeister Spanien, sondern eben Kiel, Sandhausen oder Regensburg. "Instinkt und Automatismen", hätten ihm beim Tor geholfen. "Ich bin in solchen Situationen sehr entspannt. Es ist ja nicht das erste Tor, das ich geschossen habe, auch nicht das erste wichtige", betonte Füllkrug.
Alle lieben diesen Spätberufenen, der im Team bestens ankommt. "Er gibt der Mannschaft sehr viel, nicht nur das Tor. Niclas ist ein sehr guter Junge, mit dem Herz am rechten Fleck. Wir sind sehr froh, dass er dabei ist." War ja auch Flicks Idee mit der Nominierung des No-Names. . .
"Man merkt an dem Tor, was für Qualitäten er hat"
"Niclas Füllkrug, du geile Sau!" postete Thomas Müller am Tag danach bei Instagram. "Zielstrebigkeit pur" nannte Leon Goretzka den Treffer und Ilkay Gündogan meinte: "Man merkt an dem Tor, was für Qualitäten er hat. Der Abschluss - ich glaub', besser kann man den nicht schießen." Technisch einwandfrei, mit psychologisch wertvoller Wirkung.
Ein Neuner eben
"Er hält uns am Leben", sagte Abwehrchef Antonio Rüdiger und erklärte: "Niclas gibt uns etwas, was wir so nicht haben." Einen Neuner eben. Der ebenso aus dem Nichts kam wie Eric Maxim Choupo-Moting (33) ab Mitte Oktober bei den Bayern mit seinen zehn Toren in neun Pflichtspielen in der Startelf.
Füllkrug gegen Costa Rica in der Startelf?
Und nun? Darf Füllkrug am Donnerstag gegen Costa Rica von Beginn an ran? Weil es gilt, den fürs Achtelfinale notwendigen Pflichtsieg (ein 8:0 würde sogar zum direkten Weiterkommen reichen) einzufahren?
Flicks Co-Trainer Danny Röhl betonte, dass "Fülle ein Teamleader", sei, der "vorangeht. Er tut der Mannschaft gut, bringt viel Energie ins Team." Aber nur von der Bank? Man müsse schauen, "welche Wirkung, welcher Spieler zu welchem Zeitpunkt hat", betonte Flick-Assistent Nummer zwei, Marcus Sorg und sagte: "Man sollte diese Wirkung nicht verlieren."
Es braucht einen Zielspieler im Zentrum
Ein dezenter Hinweis? Nicht unbedingt. Gegen Costa Rica braucht es Tore und einen Zielspieler im Zentrum, der der Mannschaft guttut. Füllkrug selbst sagte ganz nüchtern: "Das eine Tor bringt mir am Ende wenig, wenn wir die Gruppenphase nicht überstehen." Wo er Recht hat. . .