Nächste Kölner Pleite - auch Hertha droht frühes Aus
Köln/Östersund - Der 1. FC Köln bleibt im Krisenmodus. Auch das Heim-Comeback im Fußball-Europapokal nach 9.144 Tagen konnte daran nichts ändern. Das 0:1 (0:1) gegen Roter Stern Belgrad am Donnerstag verstärkt den Druck auf die Mannschaft von Trainer Peter Stöger, die in der Gruppe H der Europa League nach dem 1:3 beim FC Arsenal die zweite Niederlage hinnehmen musste. Dem Bundesliga-Schlusslicht droht damit auf internationaler Bühne das Vorrunden-Aus, im Spiel bei BATE Borissow am 19. Oktober ist ein Sieg fast schon Pflicht.
Richmond Boakye (30.) erzielte vor 45 300 Zuschauern in der fast ausverkauften Kölner Arena das Siegtor für die Gäste, die in der ersten Hälfte noch weitere zahlreiche Gelegenheiten ungenutzt ließen. Erst in der zweiten Halbzeit nahmen die Kölner den Kampf an, zum Punktgewinn reichte es aber trotz bester Chancen nicht mehr. Begleitet wurde das Spiel von einem hohen Sicherheitsaufkommen, mehr als 2000 Polizisten waren beim Risikospiel im Einsatz.
"In der zweiten Hälfte haben wir alles versucht. Einen Punkt hätten wir verdient gehabt", sagte Kölns Milos Jojic und Teamkollege Dominique Heintz fügte hinzu: "Ich bin sehr traurig. Das Ding will einfach nicht rein."
Mit einem Sieg im ersten Europacup-Heimspiel seit dem 15. September 1992 (2:0 gegen Celtic Glasgow) wollte sich der FC neues Selbstvertrauen holen. Von Selbstvertrauen war aufseiten der Rheinländer aber zunächst nicht viel zu sehen. Vielmehr war es der Europacupsieger von 1991, der den FC in die eigene Hälfte zurückdrängte und sich einige Chancen herausspielte.
So vergab Guelor Kanga schon nach acht Minuten die große Möglichkeit zur Führung, als er Kölns Schlussmann Timo Horn umkurvte, den Ball dann aber neben das Tor setzte. Kopfbälle von Slavoljub Srnic (15.) und Boakye (27.) sowie ein Distanzschuss von Kanga (28.) sorgten für weitere Gefahr.
Beim FC war indes überhaupt keine Struktur zu erkennen. Das Flügelspiel fand praktisch nicht statt, Sturmführer Jhon Cordoba hing in der Luft und konnte keine Akzente setzen. 0:6 Torschüsse nach einer halben Stunde sagten alles aus.
So war die Führung der Serben nur folgerichtig. Mit einem Schuss von der Strafraumgrenze setzte Boakye den Ball in den linken oberen Torwinkel. Eklatant war allerdings das Abwehrverhalten von Jorge Meré, der seinen Gegenspieler bei der Aktion gewähren ließ.
Die Reaktion der Kölner fiel verhalten aus. Erst kurz vor der Pause gab es die erste Torchance, als Jojic aus gut 18 Metern den Ball knapp neben das Tor setzte (44.). Kein Wunder, dass die FC-Spieler mit Pfiffen in die Kabine begleitet wurden.
Zum zweiten Durchgang brachte Stöger in Yuya Osako und Leonardo Bittencourt frische Kräfte, und auch sonst trat der FC endlich mit mehr Einsatzwillen und Leidenschaft auf. Die Kölner näherten sich auch zunehmend dem Tor an und hatten dreimal in Person von Jojic und Bittencourt großes Pech. Erst traf der Serbe in der 58. als auch in der 66. Minute gegen seine Landsmänner den Pfosten, dann scheiterte Bittencourt am Aluminium (74.). Ein Kölner Punktgewinn wäre verdient gewesen.
Hertha blamiert sich in Östersund
Völlig frustriert verfolgten die geschlagenen Hertha-Profis den ausgelassenen Jubel über das nächste Fußball-Wunder des Östersunds FK. Mit dem 0:1 (0:1) beim schwedischen Underdog in der Europa League hatten sich die Berliner zuvor kräftig blamiert und die Generalprobe für den Liga-Schlager gegen den FC Bayern verpatzt. Damit wartet das Team von Trainer Pal Dardai nach zwei Vorrundenspielen weiter auf den ersten Sieg und das erste Tor und muss früh ums Weiterkommen zittern. "Wir wollten nach Europa, jetzt müssen wir uns mit europäischen Mannschaften messen - heute hat es nicht gereicht", sagte Dardai enttäuscht.
Vor 8900 Zuschauern in der Jämtkraft Arena erzielte ÖFK-Kapitän Brwa Nouri in der 22. Minute per Handelfmeter den umjubelten Siegtreffer für das Heimteam, das vor sechs Jahren noch in der vierten schwedischen Liga spielte. Mit zwei Siegen führt Östersund die Gruppe J sensationell an. Die Berliner empfangen nur 67 Stunden nach Abpfiff in der Bundesliga bereits die Münchner mit ihrem Interimstrainer Willy Sagnol - und brauchen eine deutliche Leistungssteigerung. "Wir müssen ruhig bleiben, ich mache nur Hektik, wenn die Mannschaft nicht funktioniert, das tut sie aber", sagte Dardai.
Im ersten regulären Europapokal-Auswärtsspiel der Berliner seit 2774 Tagen schonte der Coach auf dem ungewohnten Kunstrasen einige Stammkräfte. Neben Schlussmann Rune Jarstein blieben auch Karim Rekik, Marvin Plattenhardt und Mathew Leckie daheim, Vladimir Darida und Salomon Kalou saßen zunächst nur auf der Bank.
Dafür gab in der stark verjüngten Startelf Neuzugang Valentino Lazaro sein Debüt bei der Hertha, die trotz der Umstellungen die ersten guten Chancen hatte. Zunächst vergab Alexander Esswein freistehend (7.). Dann scheiterte Lazaro aus kurzer Distanz an Östersund-Keeper Aly Keita, im Nachschuss kam der formschwache Vedad Ibisevic nicht an Ronald Mukiibi vorbei (13.).
Wenig später wackelte dann die Holztribüne in der skurrilen Arena. Der zuweilen überfordert wirkende Jordan Torunarigha bekam den Ball im eigenen Strafraum aus kurzer Distanz an die Hand, der italienische Schiedsrichter Luca Banti entschied auf Elfmeter. Östersunds Kapitän Nouri ließ Hertha-Ersatzkeeper Thomas Kraft keine Chance.
Die Gäste wirkten nun angeschlagen. Der Östersunds Fotbollsklubb, erst 1996 gegründet und mit Trainer Graham Potter bis in die Europa League vorgedrungen, brachte die Berliner unbeschwert und voller Leidenschaft immer wieder in Verlegenheit.
Auch abseits des Platzes gaben die Berliner kein gutes Bild ab. Im Gäste-Fanblock brannten nach der Pause Bengalos, wegen der Rauschwaden war die Partie kurz unterbrochen. Die enttäuschende Hertha mühte sich danach vergeblich um den Ausgleich, agierte im Spielaufbau und bei Flanken aber oft zu ungenau. Ibisevic (55.) und der eingewechselte Valentin Stocker (89.) vergaben die wenigen echten Chancen für die Gäste in Hälfte zwei.
Auf der Gegenseite hatte mehrfach Saman Ghoddos (61./70./87.) die Vorentscheidung auf dem Fuß, verzog jedoch jeweils knapp. So blieb es bis zum Ende eng, ehe die peinliche Niederlage der Hertha besiegelt war.