Mutig, mutig

Philipp Lahm Kapitän, Manuel Neuer die Nummer 1 – so weit alles okay und erwartbar. Dass Bundestrainer Joachim Löw aber gegen Ungarn vier Bayern-Stars schont, birgt ein Risiko. Es ist nicht das einzige.
von  Abendzeitung
Bundestrainer Joachim Löw hat sich zu einigen mutigen Personalentscheidungen entschieden.
Bundestrainer Joachim Löw hat sich zu einigen mutigen Personalentscheidungen entschieden. © dpa

Philipp Lahm Kapitän, Manuel Neuer die Nummer 1 – so weit alles okay und erwartbar. Dass Bundestrainer Joachim Löw aber gegen Ungarn vier Bayern-Stars schont, birgt ein Risiko. Es ist nicht das einzige.

EPPAN Zwei Tage hatte sich der DFB-Trainerstab Zeit gelassen, um schließlich zu verkünden, was schon klar war. Die Kapitänsnachfolge-Frage, die Nummereins-Nachrückerfrage. Philipp Lahm und Manuel Neuer sind die Auserwählten, es hätte nur verwundert, wenn sie ihre Aufgabe getauscht hätten. Und dennoch hatte Bundestrainer Joachim Löw bei seiner Verkündung noch ein paar Neuigkeiten auf Lager.

Löw grinste, als er so weit war, beinahe wie ein Laudator bei einer Oscar-Verleihung. Fehlte bloß, dass er sagte: „Und und der Winner isch...“ Hier die Begründungen der Jury und weitere Entscheidungen vor dem Test-Länderspiel am Samstag (20 Uhr, ZDF live) in Ungarn:

Warum ist Lahm Kapitän anstelle des verletzten Michael Ballack?

Löw erklärt: „Philipp vermag die Dinge auf dem Platz gut umzusetzen. Er äußert abseits des Platzes seine Meinung klar und deutlich. Er macht sich viele Gedanken über die Spielweise und kommuniziert sehr viel mit uns Trainern.“ Doch ist er auch auf dem Platz energisch genug? Vermag er die Kollegen mitzureißen? Jedenfalls war Lahm zuvor bereits Vize-Kapitän und ist ein Vertrauter Löws. Nun ist der Münchner der jüngste WM-Kapitän eines DFB-Teams, Karl-Heinz Rummenigge war vor dem Turnier 1982 in Spanien zwei Monate älter. Allerdings hat Lahm schon die Erfahrung von 64 Länderspielen.

Warum wurde es nicht der erfahrenere Miro Klose (94 Einsätze)?

Er ist zu ruhig und introvertiert. Dennoch lobte Löw: „Er braucht die Binde nicht als Selbstbestätigung.“ Zudem ist Kloses Stammplatz nicht sicher, auch wenn der Bayern-Stürmer in Budapest auflaufen wird.

Wer sitzt im Mannschaftsrat?

Lahm als Kapitän, Schweinsteiger als Stellvertreter (Löw: „Bastian ist nach Ballacks Ausfall auf dem Platz der emotionale Leader, weil er dort die Richtung vorgeben kann“), dazu Klose und das wahrscheinliche WM-Innenverteidiger-Pärchen, Arne Friedrich und Per Mertesacker.

Warum ist Neuer die Nummer eins?

Bundestorwarttrainer Andreas Köpke erklärte: „Manuel hat ein enormes Potenzial.“ Und Tim Wiese einen riesigen Hals? Köpke: „Er hat es sportlich aufgenommen.“ Was nicht überliefert ist. Bayern-Keeper Jörg Butt ist der dritte Mann, bisher war das stets das Touri-Ticket. Eine mutige Entscheidung von Löw, denn Neuer (24) hat erst drei DFB-Einsätze. Nur Wolfgang Fahrian, damals 20, war 1962 in Chile unerfahrener, er hatte lediglich einen DFB-Einsatz.

Wer spielt in Ungarn?

Klose ist Ersatzersatzkapitän, da Lahm, Schweinsteiger, Müller und Butt, vier aus der Bayern-Fraktion, geschont werden. Fragt sich nur warum. So anstrengend wäre die Reise im Learjet auch nicht, die Bayern sind's ja gewohnt. Löw benennt Kapitän und Stellvertreter und lässt sie bei der ersten Dienstreise im Hotel. Mutig, mutig – denn einspielen kann sich das Team damit nicht, es bleibt nach dem Benefiz-Kick vor zwei Wochen gegen Malta (3:0) ohne Bayern und Bremer nur der letzte WM-Check am 3. Juni in Frankfurt gegen Bosnien. Etwas dünn für eine Mannschaft, die so noch nie zusammengespielt hat.

Patrick Strasser

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.