„Mogst mi no?“

Wieso VfB-Manager Horst Heldt vor dem Südderby gegen den FC Bayern am Samstag Probleme damit hat, sich von Teamchef Markus Babbel zu trennen
STUTTGART Die Römer haben Spuren hinterlassen, auf dem Hauptplatz führte man früher Enthauptungen durch und auf dem Wilhelmplatz gibt es das Henkersfest. Heute geht es im Heusteigviertel friedlicher zu. Die Halbhöhenlage des noblen Stuttgarter Trendstadtteils lockte auch Horst Heldt und Markus Babbel. Tür an Tür wohnen der VfB-Manager und Stuttgarts Teamchef auf einem Stockwerk.
So sind Wege kurz, wenn es um Treffen wegen Transfers und Taktik geht oder mal Milch und Zucker aus sind. Horst klingelt bei Markus – und umgekehrt: Hallo Nachbar! Die Ehefrauen sind befreundet, gemeinsame Besuche auf der Wiesn – Babbel ist gebürtiger, Heldt seit seiner 1860-Zeit gefühlter Münchner – eingeschlossen. Dass die Männerfreunde privat Schulter an Schulter durchs Leben gehen hat symbolischen Wert. Das Verhältnis Heldt/Babbel geht übers normale Verhältnis Vorgesetzter/Führungskraft hinaus. Heldt und Babbel werden auch vor dem Südderby am Samstag gegen die Bayern (15.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) als Schicksalsgemeinschaft wahrgenommen. Geht die Sache schief, steht auch Heldt in der Kritik.
Am Mittwoch trat der 39-Jährige vor die Presse und verkündete die vorläufige Weiterbeschäftigung des seit langem erfolglosen 37-Jährigen. Heldt sprach von „Babbel" und vermied vertraute Umgangsformen wie den Vornamen des Freundes, mit dem er über zwei Jahre beim VfB spielte und früher um die Häuser zog. Heldt aber sitzt mit im Boot. Auch, weil er es war, der bei Babbel in der Nacht zum 23. November 2008, als Armin Veh gehen musste, klingelte und ihn zum Trainer macht, obwohl er keine Lizenz besitzt. Babbel stürmte in die Champions League, bekam einen Vertrag bis 2011. Heldt ging das Risiko ein, dem Lehrling, der in Köln seine Lizenz nebenbei absolvieren muss, die Doppelbelastung zuzumuten. Und dem Verein einen Trainer, der oft fehlt.
„Horst, eines darf nicht passieren“, sagte Babbel in seiner Krönungsnacht 2008, „egal was passiert, spiele immer mit offenen Karten mit mir. Die Sache ist es nicht wert, dass unsere Freundschaft leidet.“ Heldt jedoch muss sich der Vorwürfe erwehren, dass Babbel nur wegen dieser Freundschaft noch im Amt ist. „Wir können das trennen“, sagt Heldt.
Am Freitag fragte Babbel seinen Freund in der Pressekonferenz sogar keck: „Mogst mi no?“ Heldt lachte. Ansonsten betont er gerne, dass er auch mit Veh befreundet sei, den er damals vor die Tür setzte. Bislang jedoch hilft Heldt dem Freund. Er drängte Babbel zur Systemänderung, sieht ihm seltsame Personalien nach. So bleibt die Kritik an ihm und seinen Transferflops wie Marica, Bastürk oder Pogrebnjak nicht aus. Sogar an Hleb wird gezweifelt.
Heldt sitzt nun oft in seiner Loftwohnung, füllt qualmend den Aschenbecher und fragt sich, warum der von Barca ausgeliehene Star nicht durchstartet. Wenn ihm keine Antwort einfällt, kann er ja rüber zu Babbel. Doch dem fällt auch wenig ein.
Oliver Trust