Mission EManzipation: Die DFB-Frauen wollen ihren Sport gerechter machen

Die deutschen Fußballerinnen wollen ihren Sport gerechter und unabhängiger vom Männerfußball machen. Der Sprung im Vergleich zu früheren Turnieren ist riesig, die Unterschiede aber auch noch.
von  Victoria Kunzmann
Heiß auf die EM: Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg.
Heiß auf die EM: Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. © Sebastian Gollnow/dpa

München - Die Zeiten, in denen Fußballerinnen für einen Titelgewinn ein Kaffeeservice bekommen haben, sind lange vorbei. 33 Jahre, um genau zu sein. 1989 hat die deutsche Frauenmannschaft für den EM-Titel weißes Porzellan mit roten und blauen Blümchen erhalten, 1B-Ware von Villeroy und Boch.

Gewinnt die Mannschaft von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg im Juli den EM-Titel, werden jeder Spielerin 60.000 Euro überwiesen. Eine Rekordprämie für die Frauen beim DFB. Für die Spielerinnen ein gutes Zeichen. "Ich glaube, ich kann da für uns sprechen, dass wir mit unserer Prämie zufrieden sind", sagte Kapitänin Alexandra Popp. "Es ist eine deutliche Steigerung zur letzten EM. Deswegen sind wir auf einem guten Weg." 2017 wären es 37.500 gewesen.

Mehr Geld gibt es auch von der Uefa

Auf dem richtigen Weg bei der Emanzipation sieht sich auch die Uefa, die beim Turnier in England (6. bis 31. Juli) mit 16 Millionen Euro ein doppelt so hohes Preisgeld an die Teams ausschüttet wie noch 2017. Man wolle das Geld "so weit wie möglich auf die teilnehmenden Mannschaften verteilen, um der Entwicklung des Frauenfußballs in ganz Europa Priorität einzuräumen."

Konkret bedeutet das, dass jede Nationalmannschaft ein Startgeld von 600.000 Euro erhält vom europäischen Verband erhält und sich die Summe je nach Leistung erhöht. Die Europameisterinnen erhalten dazu noch einmal 660.000 Euro. Die Uefa teilte mit, sie wolle "neue Maßstäbe für Frauen-Nationalmannschaftswettbewerbe setzen."

Vorreiter sind zum Beispiel die Skandinavier

Wenn es um neue Maßstäbe geht, sind die Niederlande, Spanien, England und die skandinavischen Verbände der Uefa und dem DFB einiges voraus. Sie bezahlen ihren weiblichen und männlichen Nationalmannschaften gleich viel Prämien. In den USA ist die Debatte seit längerem groß. Im Mai haben die US-Fußballerinnen ihren Kampf um gleiche Bezahlung gewonnen: Spielerinnengehälter, Prämien und Einnahmen aus Sponsoring, Ticketverkäufen und Übertragungen werden angeglichen.

Für FC-Bayern-Star und Nationalspieler Thomas Müller lässt sich die Situation in den USA aber auch nicht mit der in Deutschland vergleichen. "In Amerika ist die Frauenfußball-Mannschaft ja das deutlich stärkere Pferd und bewegt vielleicht sogar mehr Massen", sagte der 32-Jährige auf dem Zukunftskongress "Neuland" in Aachen.

Bewusste Abwertung des Frauenfußballs

In Europa hingegen würde Frauenfußball bewusst abgewertet, meint Nationalmannschaftstorhüterin Almuth Schult. Fifa und Uefa müssten "ein bisschen mehr Gleichheit von Anfang herstellen." Das fange schon beim Namen an. Schult kritisiert die Unterscheidung zwischen Fußball und Frauenfußball, auf nationaler und auf internationaler Ebene. "Warum muss das extra ausgewiesen werden? Das ist genau diese Abwertung, die man nicht braucht."

Deutschland hinkt hinterher

Durch eine Gleichstellung würde sich der Stellenwert für Frauenfußball erhöhen, in den USA sei das bereits der Fall. Ein höherwertiges Produkt bringt den Verbänden mehr Aufmerksamkeit und mehr Geld. In Deutschland ist man davon noch weit entfernt.

Zu den Prämien der Nationalspielerinnen bei der bevorstehenden EM sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff: "Wir haben auch da eine Prämie verhandelt, die ein Rekord ist, aber nicht an das heranreicht, was die Männer bekommen."

Bei weitem nicht: Für den Weltmeistertitel 2014 hat jeder Spieler vom DFB eine Prämie in Höhe von 300.000 Euro erhalten. 60.000 Euro für die Frauen zwar eine deutliche Steigung gegenüber eines Kaffeeservice, aber noch immer nur ein Fünftel der Männerprämie.

Schleichende Emanzipation

Bierhoff sagte auch, dass eine vollständige finanzielle Angleichung gar kein Thema gewesen sei. Dafür seien die Trainingsbedingungen inzwischen dieselben. Die Frauen trainierten vor dem gestrigen Abflug nach England auf dem neuen DFB-Campus in Frankfurt und bei DFB-Partner Adidas in Herzogenaurach.

Denselben Stellenwert wie der Männerfußball hat der der Frauen noch lange nicht. Die Emanzipation, beim DFB erfolgt sie eher schleichend.

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